224. Sonnenschein und Regen. — 225. Der Regenbogen. 161
224. Sonnenschein und Regen.
„Wenn doch nur immer die Sonne schiene!“ sagten die
Kinder an einem trüben, stürmischen Regentage. Ihr Wunsch schien
bald in Erfüllung zu gehen. Denn mehrere Monate lang erblickte
man kein Wölklein am himmel. Die lange Trockenheit richtete aber
großen Schaden auf ückern und Wiesen an. Im Garten verwelkten
Blumen und Kräuter und der Flachs, auf den sich die Mädchen so
gefreut hatten, wurde kaum fingerlang.
„Seht ihr nun,“ sprach die Mutter, „daß der Regen ebenso
notwendig ist als der Sonnenschein ? Lernt aber zugleich aus dieser
Einrichtung Gottes die heilsame Wahrheit, daß es auch für uns
Menschen nicht gut wäre, wenn wir lauter heitere, frohe Cage hätten.
Es müssen auch trübe Tage, Trübsale und Leiden von Zeit zu Feit
über euch kommen, damit ihr zu guten Menschen heranwachset.“
Sonnenschein und Sturm und Regen,
Freud' und Leid sind Gottessegen.
Ch. v. Schmid.
225 Der Regenbogen.
Nach einem furchtbaren Gewitter erschien ein leblcher
Regenbogen am Himmel. Der keine Heinrich sah eben zum
Fensteèr hinaus und rief voll Preudo: »Soleb wunderschöne
Farben habe ich in meinem Leben noch nicht gesohen. Dort
bei dem alten Weidenbaume am Bache reichen sie aus den
Wolken bis auf die Erde herab. Gewib tröpfeln alle Blattlein
des Baumes von den schönen Parben. Icb will eilends hin und
alle meino Muschelschalen in meinem hParbenkästlein damit
fũllen.«
Er sprang, so schnell er konnte, dem Weidenbaume zu.
Alein zu seinem Erstaunen stand der arme Knabe nun im Regen
da und ward nicht das geringsto von einer Parbe gewahr. Durch-
nabt vom Regen und traurig kehrte er zurück und Klagte sein
Mibgeschick dem Vater.
Der Vater lachelte und sprach: »Diese Darben lassen sich
in keine Schale auffassen; dié Regentropfoen scheinen nur im
Glanze der Sonne eine kleine Weile so schön gefärbt.«
Laß dich vom Scheine nicht betrügen,
Sonst kebrt in Schmerz sich dein Vergnügen!
Ch. v. Schmid.
Lefebuch für die oberfränkischen Unterklassen.* 1
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