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Als ein Jahr vorüber war, Doch der sprach: „Weil du so treu
dacht es seiner Worte, an dem Wort gehangen,
stellte sich dem Fischer dar laß ich dich auf immer frei,
an dem alten Orte. will dich niemals fangen.“
169. Entstehung der Quelle.
(G. Wagner.)
Woher kommt die silberhelle, klare Flut, die das ganze Jahr hindurch
am Berge herabschäumt? Droben am Bergeshange breiten sich die Moospolster
weithin aus und fangen die Tropfen auf, welche aus den Wolken hernieder—
sinken. Vom Meere her trug sie der Wind, zum Meere eilen sie wieder. So
wiederholt sich seit Jahrtausenden unaufhörlich der große Kreislauf. Wer
vermöchte zu sagen, wie vielmal ein solcher Tropfen vom Anfange der Welt
verdunstet ist und sich wieder in eine Wasserperle verwandelt hat? Wer weiß
es, in wie viel Meeren er bereits gewesen, mit wie viel Wolken er schon ge—
reist, in wie viel Flüssen er geströmt ist? Das weiß nur Gott allein.
Wenn die Regentropfen aus den Wolken herniederstürzen, fließen wohl
eine Anzahl sofort dem Bache zu und schwellen ihn an, — viele aber hüpfen
erst von Blatt zu Blatt, von Zweig zu Zweig, rinnen am Aste hernieder und
fallen drunten ins weiche Moos. Das schwillt davon auf und hält eine große
Menge Tropfen fest. Versuche es, nimm nach dem Regen eine Hand voll
Moos vom Waldboden auf und drücke es aus! Du wirst dich verwundern,
welche Menge Wasser herausträufelt. Nun denke, wie viel Wasser wird auf
diese Weise am ganzen Berghange zurückgehalten! Solche Gebirge aber, die
des Waldes mit seinem weichen Grunde entbehren, bilden bei Regengüssen
sofort zerstörende Wildwasser; die stürzen in tollem Laufe nieder zu Thal,
reißen Steine und Geröll mit sich fort, verschlämmen die Wiesen drunten und
die Fruchtfelder und bedrohen die Wohnungen und das Leben der Menschen.
Darum müssen die Wälder geschont und gepflegt werden. Sie schützen uns
vor Ueberschwemmungen.
Am bewaldeten Berge ist es ganz anders. Das meiste Wasser bleibt,
wie gesagt, hübsch im Moosrasen und schaut sich nach anständiger Arbeit um.
Dort trifft es die Baumwurzeln und tränkt sie. Die Samenkörner werden
versorgt und auch die durstende Schnecke am Stammgrunde. Das übrige
Wasser dringt allmählich bis auf die Steinschichten des Berges. Von den
modernden Mooswurzeln hat es sich bereits mit Kohlensäure gesättigt, und
von den Steinen läßt es sich ein wenig Eisen geben, auch ein wenig Kalk
und etwas Salz. Die Tropfen aber bleiben troßdem klar und hell, und wo
die Gesteinschichten zu Tage gehen, da springen sie hervor als erfrischender
— Quell. Hier warten schon wieder Geschäfte. Blümchen stehen durstig da
und wollen trinken, die Grasmücke will schlürfen, und das Rothkehlchen ver—
langt nach einem erquickenden Bade. Mancher Tropfen wird dabei verbraucht
und mancher verdunstet, der Ueberfluß aber eilt weiter zum Bach, und mit
dem geht es nun unter Hüpfen und Tanzen zum Strome und in diesem zum
Meere zurück.
170. Räthsel.
Es gibt vier Brüder in der Welt, der andre frißt und wird nicht satt,
die haben sich zusammengesellt: der dritte trinkt und wird nicht voll,
der erste läuft und wird nicht matt, der vierte singt und klingt nicht wohl.