geht es nicht in so raschem Lauf; es muß sich verpusten, muß öfter
ruhn. Endlich, mit niedergetretenen Schuh’'n, auf beschwerlicher Bahn,
fommt’s Veilchen oben an, pflanzt sich dort wieder ein im hellen Sonnen-
schein. „Ei,“ spricht es, „hier ist's schön; aber alles kann man doch
nicht sehn, so ein Berg ist doch nur ein Zwerg. Auf der Alp da
droben, das wär’ eher zu loben, da möcht’ ich wohl sein! Da guckt’
ich bis in den Himmel hinein, hörte die Englein musizieren, säh"
unsern Herrgott die Welt regieren.“
Und aus dem Berge, wo es stand, zieht es wieder mit eigner Hand ein
Beinchen nach dem andern und begibt sich noch einmal aufs Wandern.
Die Reise macht diesmal viel Beschwer; kein Weg, kein Steg war ringsum-
herz dem Veilchen flimmert's vor dem Blick; es schwindelt, es kann nicht
wieder zurück. Da setzt es die letzte Kraft noch dran; zum Tode ermattet
kommt's oben an. Ach! da war der Boden von Stein, kann mit den
Füßchen nicht hinein; der Wind, der bläst so hart; das Veilchen vor
Frost erstarrt; es zappelt mit allen Würzlein, bedeckt sie mit den grünen
Schürzlein, friert sehr an Händen und Beinen; da fängt’s bitterlich an
zu weinen. Die blauen Bäckchen werden weiß; die Tränen gefrieren
darauf zu Eis. „Ach, wär’ ich geblieben im Tale dort!“ das war Blau-
veilchens letztes Wort. Darauf sank es um und blieb stumm.
Christoph Förster.
15. Der RKirschbaum.
Zum Frühling sprach der liebe Gott: „Geh, deck dem Würm-
lein seinen Tischl‘ Drauf trug der Kirschbaum Blätter fein, viel
tausend Blätter grün und frisch.
Und’'s Würmlein aus dem Ei erwacht; sanft schlief's in seinem
Winterhaus. Jetzt streckt es sich, sperrt's Mäulchen auf und reibt die
blöden Augen aus.
Und drauf, so nagt's mit stillem Zahn am zarten Blättchen
hier und dort und spricht: „Wie ist's Gemüs’ so gut! Man kommt
schier nimmer wieder fort."
Und wieder sprach der liebe Gott: „Deck jetzt dem Bienchen auch
den Tischl“ Drauf trug der Kirschbaum Blüten schön, viel tausend
Blüten weiß und frisch.
Und’s Bienchen sieht's und fliegt drauf los früh in der Sonne
Morgenschein. Es denkt: „Welch kostbar Porzellan! Darinnen wird
mein Kaffee sein.
3