Full text: [2 = 3. Schuljahr, [Schülerband]] (2 = 3. Schuljahr, [Schülerband])

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Haken die eiserne Truhe eines reichen Mannes aufgemacht und die goldenen 
Eier darin ausgenommen. Aber gerade als ihm die Würfel am besten 
fielen, traten sechs Landjäger ohne anzuklopfen in die Stube, banden ihn an 
Händen und Füßen und führten ihn in die Herberge, Zum eisernen Gilter“ 
Fünf Wochen hernach spielte Adam mit seinem Haken nachts um die 
12. Stunde an der Thür seines Kerkers. Aber seine Hand zitterte, als wäre 
er in fünf Wochen fünfzig Jahre älter geworden. Denn es ward ihm zu 
enge, und er wäre lieber draußen gewesen als drinnen. Aber der Haken 
brach ab und blieb im Schlüsselloche stecken. Und drei Tage darauf kam 
ein Mann im roten Mantel und führte ihn auf den Markt. Da wurde 
der Stab über ihn gebrochen. K. Stöober. 
195. Der Haushahn als Verrüter. 
Zwei Räuber stiegen um Mitternacht auf einer Leiter zum 
Fenster einer Mühle hinein, um den reichen Müller zu berauben. 
Wie sie nun in dem dunkeln Hausgange leise auf den Zehen vor— 
wärts schlichen, um die Schlafkammer des Müllers zu finden, wo er 
sein Geld aufbewahrte, krähte nicht weit von ihnen der Haushahn. 
Der jüngere Räuber fuhr zusammen und sagte leise: „Der Hahn 
hat mich recht erschreckt! Wir wollen wieder umkehren der Diebstahl 
möchte herauskommen.“ 
„Du furchtsamer Tropf!“ sprach der ältere; „wer uns in den 
Weg kommt, den stoßen wir mit unseren Messern nieder. Dann kräht 
kein Hahn darnach!“ 
Die Bösewichter versetzten dem Müller, der sich tapfer wehrte, 
eine tödliche Wunde und machten sich mit dem Gelde davon. 
Drei Jahre nachher blieben sie einmal in dem Wirtshause eines 
abgelegenen Walddorfes über Nacht. Da krähte der Haushahn ganz 
nahe bei ihnen so laut, daß beide davon erwachten. „Ver verwünschte 
Hahn!“ sprach der ältere Räuber, „ich könnte ihm gleich den Kragen 
umdrehen. Seit jener Nacht in der Mühle ist mir sein HKrähen in 
der Seele zuwider.“ „Geht's dir auch so wie mir?“ sprach der 
jüngere. „Wir hätten den Müller nicht umbringen sollen. Denn 
seit der Zeit geht mir, so oft ein Hahn kräht, ein Stich durch das 
Herz.“ Sie schliefen wieder ein, aber gegen Morgen drangen 
Plötzlich bewaffnete Männer in die Kammer ünd nahmen sie gefangen. 
Der Wirt hatte, da zwischen ihrer Schlafkammer und der seinigen 
nur eine leichte Bretkerwand war, ihr Gespräch gehört und sogleich 
bei dem nächsten Amtsgerichte Anzeige davon geinacht. Als nun veide 
Mörder wegen ihres Mordes hingerichtet wurden, sagten die Leute: 
„So hat doch ein Hahn darnach gekräht! Besser wäͤre es gewesen, 
sie hätten sich von dem warnen lassen, der zuvor gekräht hat— 
Chr. v. Schmid.
	        
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