Vorwort.
Die Allgemeinen Bestimmungen vom 15. Oktober 1872 setzen hinsichtlich
der Lesebücher für die Volksschule folgende Normen fest:
1) Das Lesebuch liegt dem gesamten Unterricht im Deutschen zu Grunde.
2) Es ist der gesamte Inhalt desselben nach und nach zu verarbeiten.
3) Es ist nicht nur behufs der Erzielung der Lesefertigkeit, sondern auch
zur Einführung in das Verständnis in Gebrauch zu nehmen.
¶ Es soll ein volkstümliches Gepräge tragen und nach seinem gesamten
Inhalt dem erziehlichen Zweck der Schule dienen.
5) Beim Unterricht in den Realien ist es zur Belebung, Ergänzung und
Wiederholung des Lehrstoffes zu benutzen.
6) In Beziehung auf die Form soll es Proben der besten populären
Darstellungen der Meister auf den bezüglichen Gebieten geben.
7) Von kirchlichen und politischen Tendenzen hat es sich frei zu halten.
Mit diesen Bestimmungen ist für die Zusammenstellung der Lesebücher
für die preußische Volksschule Richtung und Ziel gewiesen. In dem von dem
Seminarlehrer Büttner unter Mitwirkung des Unterzeichneten bearbeiteten
„Deutschen Lesebuch“ ist der Versuch der praktischen Ausführung der in den
Allgemeinen Bestimmungen als maßgebend aufgestellten Grundsätze gemacht
worden.
Die Ausgabe A. zerfällt in zwei Teile, deren erster für die mittleren,
deren zweiter für die oberen Stufen mehrklassiger Schulen bestimmt ist.
Die Gliederung des Stoffes ergab sich leicht. In der ersten Abteilung
jedes Teiles sind Musterstücke deutscher Prosa und Poesie, in der zweiten
Stoffe zur Belebung resp. Vorbereitung des Unterrichts in den Realien ge⸗
gebhen, letztere wieder in geschichtliche, geographische und naturkundliche Dar⸗
stellungen zerlegt worden. Diese rein sachliche Gliederung wird es Lehrern
und Schülern ermöglichen, in dem Lesebuch bald heimisch zu werden.
Die erste Abteilung beider Teile hat es sich zur Aufgabe gestellt, die
Schuljugend in die sittlichen Beziehungen des Lebens an geeigneten prosaischen
und poetischen Musterstücken einzuführen. Der Stoff ist absichtlich reich be—
messen, da es darauf ankam, neben den Realstoffen auch die ideale Seite des
Volksunterrichts, die Einführung der Jugend in die sittliche Lebensanschauung
und Lebensweisheit unseres Volkes und in dessen reiches Gemütsleben, voll
und ganz zum Ausdruck zu bringen. Daß in dem zweiten Teile auch nach
den Dichtern geordnete prosaische und poetische Darstellungen von der
Zeit der Reformation ab bis zur Gegenwart ausgiebige Berücksichtigung
gefunden haben, wird dazu beitragen, die Bekanntschaft mit volkstümlichen Er⸗
zeugnissen der Litteratur und deren Verfassern ungezwungen zu vermitteln.
Die geschichtlichen, geographischen und naturkundlichen Stücke im ersten
Teil haben wesentlich den Zweck, auf der Mittelstufe den später in eigenen
Stunden zu erteilenden Unterricht in den bezüglichen Lehrobsekten vorzubereiten