5. Habe Dank für deine LCiebe!
Habe, Mutter, guten Dank!
Und ich will mit treuem Herzen
lieben dich mein Leben lang.
10. Die kranke Mutter.
Johann Andreas Christian Löhr
1. Frau Werner war in einer Nacht plötzlich krank geworden; sie
hatte heftigen Kopfschmerz, empfand unerträglichen Durst, den sie mit
allem Trinken nicht stillen konnte, und hatte abwechselnd bald große Hitze,
bald so starken Frost, daß sie mit den Zähnen klapperte.
Da ihre Kinder am Morgen aufstanden und in die Stube traten,
wie wunderten sie sich, die gute Mutter im Bette zu finden und vor dem
Bette den Arzt zu sehen, der nach allem fragte, was die Krankheit anging.
„Bist du denn krank, liebe Mutter?“ fragte Elise, die älteste Tochter
der Frau Werner, und die Mutter nickte statt der Antwort mit dem Kopfe.
Der Arzt verordnete einen Trank, den Frau Werner einnehmen sollte.
Bei seinem Weggehen sagte er zu den Kindern, daß sie ja still sein und
keinen Lärm machen möchten; denn das alles würde sonst der Mutter
empfindlich sein, weil sie starkes Kopfweh hätte.
„Ach, wir wollen gern still sein,“ sprach Elise, „wenn die Mutter
nur wieder gesund wird.“ — „Ich will mein Steckenpferd und meine
Trommel wegstellen, wills gleich in die Kammer tun,“ sagte Alexander;
und die kleine Marie sprach: „Ich will gewiß nicht lärmen.“
2. Die Krankheit der Mutter dauerte einige Wochen. In dieser Zeit
lernten die Kinder einsehn, wie nötig ihnen die Mutter sei, woran sie
vorher gar nicht gedacht hatten. Da saßen Elise, Alexander und Marie
oft den ganzen Vormittag, ehe sie ordentlich angezogen wurden; denn der
Vater hatte notwendige Geschäfte außerhalb des Hauses, und die Magd
war ebenfalls mit Arbeiten beschäftigt, die sich nicht aufschieben ließen.
Das Frühstück, das Mittagbrot und das Abendessen kamen selten zu rechter
Zeit, denn niemand wußte alles so gut anzuordnen und einzurichten wie
die Mutter; niemand wußte so genau, wo jede Sache aufgehoben war,
und im ganzen Hause war eine Unordnung und eine Unruhe, die alle
bemerkten. Selbst der Vater war nicht imstande, das zu verhüten, so sehr
er sich auch um alles bekümmerte; und überdem war er auch so traurig
und niedergeschlagen.
Wenn die Kinder sonst etwas sehen oder wissen wollten, so wandten
sie sich gleich an die Mutter — aber an wen sollten sie sich jetzt wenden?
Der Vater hatte entweder für die Mutter zu sorgen oder mit seinen
andern Arbeiten zu tun, und die Magd nahm sich ihrer sehr wenig an.
Da wünschten nun die Kinder herzlich, daß die Mutter bald wieder
gesund werden — und doch nicht bloß darum allein, sondern alle
diese Kleinen hallen die Mutter herzlich lieb. Elise schlich an das Bett