Full text: Lesebuch für die Mittelklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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nippt sie von dem Wasser des Teiches oder des Flusses, im 
Fluge läßt sie ihr munteres Gezwitscher hören. 
Sobald das Schwalbenpaar das alte Nest aufgefunden hat, 
geht's an die Arbeit. Im Winter hatte wohl das Spätzchen 
darin seine Wohnung aufgeschlagen und es nicht ordentlich rein 
gehalten oder gar ein wenig zertreten. Nun hat Schwülbchen 
mit der Säuberung und Ausbesserung viel zu tun. Mehr 
Arbeit hat freilich ein junges Schwalbenpaar mit dem Bau 
eines ganz neuen Nestes. Vom frühen Morgen bis zur Abend¬ 
dämmerung fliegen die Tierchen hin und her und holen feuchte 
Erde, Stroh und Heu herbei, um das Nest unter dem Dache 
des Hauses oder in Scheuern und Stallungen fertig zu machen. 
Obwohl die Wohnung nur aus Erde bereitet ist, ist sie doch 
fest genug, um die alten Vögelein samt den Kindern zu tragen. 
Mit welcher Zärtlichkeit werden die Jungen gepflegt! Sobald 
die ersten Sonnenstrahlen sich sehen lassen, fliegen die Alten nach 
Nahrung aus. Da wird manche Fliege und Mücke erschnappt und 
den hungrigen Kindern heimgetragen. Diese öffnen die gelben 
Schnäbel, so weit sie können, und haben immer guten Appetit. 
Man sieht die Schwalbe fast niemals mit andern Vögeln 
im Streit. Sie freut sich ihres Lebens, ihres Hauses, ihrer 
Jungen; alles andere um sie her kümmert sie nichts. Die 
Menschen haben das Tierchen lieb und geben ihm gern ein 
Plätzchen zum Nestbau. Dafür dankt ihnen die Schwalbe durch 
ihren Gesang vom Dache des Hauses oder von der Scheuer 
herab. Das Schwalbenlied klingt nun freilich nicht so schön 
wie das der Lerche oder der Nachtigall oder des Rotkehlchens; 
aber es ist so freundlich und so traulich, daß man es immer 
gern hört. In den Käfig läßt sich die Schwalbe nicht sperren. 
Die freie Luft ist ihr liebster Aufenthaltsort und Bewegung 
ihr schönstes Vergnügen. 
Wenn die jungen Schwülbchen mit ihren Flugübungcn zu 
Ende gekommen sind und die Lüfte am Morgen und Abend 
kühler wehen, dann rüsten sich alle Schwalben zum Abzug 
Einige Tage vor der Abreise sehen wir sie in langen Reihen 
auf dem Rande unserer Dächer sitzen. Sie zwitschern leise und 
nehmen still, ohne daß wir es merken, Abschied von der Heimat. 
3" wärmeren Ländern ist ihnen der Tisch reichlich gedeckt. 
s. Förster.
	        
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