Full text: [Teil 3 = Mittelstufe 1, [Schülerband]] (Teil 3 = Mittelstufe 1, [Schülerband])

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mit roten Ziegeln und hellen Fenstern, wo sonst eine alte Hütte 
gestanden hatte. Er machte große Augen, rief seine Frau und 
sprach: „Frau, sieh einmal, wie ist das zugegangen? Gestern Abend 
stand dort eine elende Hütte und nun ist's ein schönes, neues Haus; 
lauf doch einmal hinüber und sieh, wie das gelommen ist.“ Die 
Frau ging hin und fragte den Armen aus, der erzählte ihr: 
„Gestern Abend kam ein Wanderer, der suchte Nachtherberge, und 
heute Morgen beim Abschied hat er uns drei Wünsche gewährt: 
die ewige Seligkeit, Gesundheit in diesem Leben und das not— 
dürftige, tägliche Brot, und statt unserer alten Hütte ein schönes, 
neues Haus.“ Als die Frau des Reichen das gehört hatte, lief 
sie fort und erzählte es ihrem Manne, der sprach: „Ich möchte 
mich zerreißen und zerschlagen; hätt' ich das nur gewußt, der 
Fremde ist auch bei mir gewesen, ich habe ihn aber abgewiesen.“ 
„Eil dich,“ sprach die Frau, „und setz dich auf dein Pferd, der 
Mann ist noch nicht weit, du mußt ihn einholen und dir auch drei 
Wünsche gewähren lassen.“ 
Da setzte sich der Reiche auf und holte den lieben Gott ein, 
redete fein und lieblich zu ihm und sprach, er möcht's nicht übel— 
nehmen, daß er ihn nicht gleich eingelassen, er hätte den Schlüssel 
zur Hausthüre gesucht, und derweil wäre er weggegangen; wenn 
er zurückkäme, müßte er bei ihm einkehren. „Ja,“ sprach der 
liebe Gott, „wenn ich einmal zurückkomme, will ich es thun.“ Da 
fragte der Reiche, ob er nicht auch drei Wünsche thun dürfte wie 
sein Nachbar. Ja, sagte der liebe Gott, das dürfte er wohl, es 
wäre aber nicht gut für ihn, er sollte sich lieber nichts wünschen. 
Der Reiche aber meinte, er wollte sich schon etwas Gutes aussuchen, 
wenn es nur gewiß erfüllt würde. Da sprach der liebe Gott: „Reite 
nur heim, und drei Wünsche, die du thust, sollen erfüllt werden.“ 
Nun hatte der Reiche, was er wollte, ritt heimwärts und be— 
sann sich, was er sich wünschen sollte. Wie er so nachdachte und 
die Zügel fallen ließ, fing das Pferd an zu springen, so daß er 
immerfort in seinen Gedanken gestört wurde und sie gar nicht zu— 
sammenbringen konnte. Da ward er über das Pferd ärgerlich 
und sprach: „So wollt' ich, daß du den Hals zerbrächest!“ Wie er 
das Wort ausgesprochen, plumps! siel er auf die Erde, das Pferd 
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