110
148. So soll es sein.
Artig, flink und rein müssen Kinder sein. — Ein gutes Kind ge—
horcht geschwind. — Rede wahr und tue recht; wer da lügt, dem geht
es schlecht. — Wer nicht hören will, muß fühlen. — Ordnung, Ordnung,
liebe sie! sie erspart dir Zeit und Müh'! — Vögel, die nicht singen,
Glocken, die nicht klingen, Pferde, die nicht springen, Flinten, die nicht
krachen, Kinder, die nicht lachen — wer hat Freud' an solchen Sachen?
149. Mutter bekommt kein Geld.
Wilh. Raabe.
1. Auf der Straße begegnete mir frühmorgens oft ein munterer,
fröhlicher Knabe. Er trug für einen Bäcker die Semmeln aus. Eines
Tages ließ ich mich in ein Gespräch mit ihm ein. „Mit dem Aus—
tragen,“ sagte der Knabe mit leuchtenden Augen, „verdiene ich schon
ein gut Stück Geld! Mein Vater, der in einer großen Tischlerei
arbeitet, verdient freilich viel mehr.“ „Und was tut denn deine
Mutter den ganzen Tag?“ fragte ich.
2. „Mutter,“ sagte er, „die steht morgens als die erste von uns
auf und weckt mich, damit ich pünktlich fortkomme. Dann weckt sie
meine Geschwister, die zur Schule müssen, und gibt ihnen ihr Frühstück.
Sind sie fort, so wird Vaters Tasche zurechtgemacht und sein Frühstück
hineingepackt. Unterdes ist die kleine Luise aufgewacht, die erst zwei
Jahre alt ist. Mutter muß sie waschen und anziehen. Dann macht
Mutter die Betten, räumt auf und kocht Mittagbrot. Und so geht es
den ganzen Tag fort!“
3. „Wie viel verdienst du wöchentlich?“ fragte ich weiter.
„Na — so ungefähr eine Mark!“
„Und der Vater, wie viel bekommt der?“
„Zwanzig bis fünfundzwanzig Mark die Woche!“
„Und was bekommt die Mutter für ihre Arbeit?“ fragte ich zuletzt.
Da sah mich der Knabe groß an und fing an zu lachen. „Die
Mutter,“ sagte er, „arbeitet doch nicht für Geld. Die arbeitet doch
nur für uns den ganzen Tag!“
150. Liebe macht stark.
G. Dittmar.
Über einen Knaben ging einmal ein Holzwagen und brach ihm
ein Vein entzwei. Als er weinend heimgebracht wurde, sprang seine