48. Aussaat.
Der Sämann streut die reiche Saat
still hoffend in die lockre Erde;
sein ist der Wille, sein die Dhat,
Gott weib, ob sie entkeimen werdo.
Joa, hoffe still und streue fort.
streu' aus mit nimmer müden Händen;
ob sie verweht, ob sie verdorrt,
du darfst dein Saen drum nicht enden.
Und frag nicht, wvann ein Frühlingsblick
die Saat dir reift mit lindem Lichte;
denn Gott vollendet dein Geschick —
dein ĩst die Saat, sein sind die FPrũüchte.
49. Das Keimchen.
Das Keimchen schlummert fest und gut, wie in der Wieg' das
Kindlein ruht. Daß nur kein Lüftchen an es weh', ist eine Flaumen—
deck' von Schnee warm übers Keimchen hingedeckt, drin es bis an die
Ohren steckt.
So liegt es lang im warmen Nest und schlummert süß und schlummert
fest, und sieht nicht, wie so leer die Au, spürt nicht, wie's draus so kalt
und rauh. Der Wind springt hin und her da draußen, möcht wohl
das Keimchen gern zerzausen; da schaut er her und schauet hin und
denket oft in seinem Sinn: „Wo doch das kleine Keimchen steckt?“ Das
liegt dieweil warm zugedeckt von weißen Flaumen zart und rein und
träumt von mildem Sonnenschein; drum findet's nicht der schlimme Wind,
schaut er sich auch die Augen blind; — gar ärgerlich er da sich dreht,
brummt mürrisch in den Bart und geht.
Das Keimchen schlummert lange noch; zum Wecken ist es endlich
doch jetzt Zeit, so denkt in ihrem Sinn die liebe Sonn', tritt leise hin
ans Bettchen, wo das Keimchen ruht, — sie ist dem Keimchen gar zu
gut — und sachte, daß sie's nicht erschrecke, zieht sie jetzt weg die Flaumen—
decke und schaut es an mit hellen Blicken und lächelt — möcht' ans Herz
es drücken!
Dann küßt sie's, — da wird allgemach das kleine, liebe Keimchen
wach, reibt sich die Augen hurtig aus und schaut aus seinem Bett heraus
und gähnt und dehnt und strecket sich — das scheint ihm alles wunder⸗
Lesebuch III. 2. Aufl.