Full text: Die Freiheitskriege in Lied und Geschichte

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Bewaffnung und Kriege eine so weite Bahn geöffnet ist, nicht aufkommen 
konnte. ODie heilige Begeisterung dieser unvergeßlichen Tage ist durch keine 
Ausschweifung und Wildheit entweiht worden; es war, als fühlte auch der 
Kleinste, daß er ein Spiegel der Sittlichkeit, Bescheidenheit und Rechtlich⸗ 
keit sein müsse, wenn er den Übermut, die Unzucht und Prahlerei besiegen 
wollte, die er an den Franzosen so sehr verabscheut hatte. Was die Männer 
so unmittelbar unter den Waffen und für die Waffen taten, das tat das 
zartere Geschlecht der Frauen durch stille Gebete, brünstige Ermahnungen, 
fromme Arbeiten, menschliche Sorgen und Mühen für die Ausziehenden, 
Kranken und Verwundeten. 
Ich sage nur das eine: es war plötzlich, wie durch ein Wunder Gottes, 
ein großes, würdiges Volk erstanden. 
Gneisenau über die Erhebung, März 1815, aus Breslau, 
an den Grafen von Münster zu Condon. 
Morgen kommt der russische Kaiser hierher. Die Truppen aus Ober— 
schlesien sind bereits im Marsch. Übermorgen wird ein starkes Armeekorps 
hier versammelt sein. Man wird öffentlichen Gottesdienst halten und die 
Truppen für ihre neue Bestimmung einweihen. Von dem Geiste, der in 
der Nation herrscht, kann nie genug erwähnt werden. Söhne von Fürsten, 
Kinder der reichsten Familien strömen herbei und nehmen als Gemeine 
Dienste. Männer in Amtern legen einträgliche Stellen nieder und tun das— 
selbe. Die Regierung hat bereits einhaltende Maßregeln ergreifen müssen. 
Es ist rührend, alle diese Söhne des Adel- und höheren Bürgerstandes 
von der feinsten Bildung als Gemeine in den zahlreichen Jägerkompag- 
nieen eingestellt zu sehen, wo sie sich selbst bekleiden, bewaffnen und besolden. 
Es herrscht ein herrlicher Enthusiasmus. 
Vorderhand werden zwei Armeeen gebildet, die eine unter General 
Vork, die andere unter General Blücher. Beim letzteren ist Scharnhorst als 
Haupt des Generalstabes angestellt. 
Aus Adolf Stahrs „CLebenserinnerungen“. 
Je näher der Frühling kam, und je weiter er vorrückte, um so lebendiger 
ward es um uns her in unsrer Mark. Das Volk stand auf, der Sturm brach 
los! Er brach los, der Sturm des Volkszornes und der Vaterlandsliebe, 
selbst in unserm phlegmatischen Uckermärkerlande, und rührende Zeichen da— 
von sind mir noch heute lebhaft in der Erinnerung gegenwärtig. Der Müller 
Düsing von Schmöllen, ein wohlhabender Mann, brachte seine beiden 
Söhne von siebzehn und achtzehn FJahren, die er vollständig als freiwillige 
Jäger auf eigene Kosten ausgerüstet hatte, nach Wallmow herüber, damit 
mein Vater als Geistlicher sie segnen solle, ehe sie ins Feld zögen. Ihnen 
folgten zwei jüngere Brüder unseres Freundes und Vachbars, des Amt- 
Wohlrabe, Die Freiheitskriege. J
	        
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