62
125. Des Kirschbaums Gäste.
1. Der Kirschbaum grünt an Zweig und Ast,
da hat er auch schon einen Gast.
Am jungen Grün und zartem Blatt
frißt sich das Räuplein voll und satt.
2. Der Kirschbaum blüht an Zweig und Ast,
da hat er wieder einen Gast.
Das Bienchen findet Honigseim
und trägt ihn in die Zelle ein.
10
3. Und sind der Wochen sechs vorbei,
so kommen gar der Gäste zwei.
Kennst du sie wohl? Sag es geschwind!
Es ist das Spätzlein — und das Kind.
E. Lausch.
126. Das Vogelnest.
15 Franz fand im Garten in einer Hecke ein Vogelnest. Schnell lief
er zum Vater, holte diesen in den Garten und zeigte ihm seinen Fund.
„Sieh nur, sieh nur das zarte, weiche Nestchen von Moos und Wolle
und darin die vier niedlichen Eier! Ich möchte diese Eier nehmen und
damit spielen. Darf ich wohl, Vater?“ — ‚Nein, lieber Franz,“ ant—
20 wortete der Vater, „laß nur die Eier im Neste liegen, du erlebst dann
noch mehr Freude!“ — Franz ließ sie liegen, ging aber am andern
Morgen wieder hin und fand sogar fünf Eier. Er erzählte das dem
Vater wieder, und dieser sagte: „Nun bleibe einmal vierzehn Tage weg
von dem Nestchen; dann aber will ich selbst mit dir hingehen.“ Das
25 geschah, und wie sehr freute sich Franz, als er jeht mit dem Vater
wieder zu dem Neste trat und statt der Eier fünf kleine, nackte Vöglein
erblickte! Die sperrten die Schnäblein auf, als wollten sie Futter haben.
Vater und Sohn traten jetzt auf die Seite. Da kam bald die Mutter
der Vöglein und hatte ein Würmchen im Schnabel, mit dem sie die
z0 Kinderchen fütterte. „Siehst du,“ sagte der Vater, „hättest du damals
die Eier ausgenommen, so würdest du jetzt die Freude nicht haben.“ —
Täglich ging nun Franz zu seinem Neste, bis die Vögelchen größer waren
und endlich fortflogen. Im andern Jahre aber kamen die Allen wieder
und bauten ihr Nest in dieselbe Hecke. . Kelluer.