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Bewahre dich der Himmel, daß du kein Kaufmann werdest!
— Und du, Edmund?“ fragte der Vater. — Unbefangen
und offen antwortete Edmund: „Ieh habe meine Pfirsich
dem Sohn unsers Nachbars, dem kranken Georg, der das
Fieber hat, gebracht. Er wollte sie nicht nehmen; da
habe ich sie ihm auf das Bett gelegt und bin hinwegge—
gangen.“ „Nun,“ sagte der Vater, ‚wer hat denn wohl
den besten Gebrauch von seiner Pfirsich gemacht?« Da
riefen sie alle drei: „Das hat Bruder Edmund getan!·
Edmund aber schwieg still. Und die Mutter umarmte ihn
mit einer Träne im Auge.
8. Die Wünsche am heiligen Dreikönigsabend.
Nach einem alten Aberglauben soll am Abende des heiligen
Dreikönigstages der Himmel sich auf einen Augenblick öffnen, und
wer dies sieht und dann sogleich einen Wunsch ausspricht, dem wird
er in nächster Zeit gewährt. Beglückender ist gewiß die wahrhafte
Überzeugung, daß der fromme Wunsch den Himmel stets offen
findet und der allgütige Vater droben ihn erfüllt, wenn dies zu
unserem Heile führt. Jener Wunderglaube aber vereint sich mit
der Überzeugung von der stets bereiten Hilfe in der hier folgenden
Erzählung.
Im niedrigen Hüttchen lebte vom Ertrage ihres kleinen Wein—
berges eine Mutter dreier Kinder; sie war Witwe und hatte keine
Freude, kein Glück auf der Welt als diese. Nun hatte der älteste
Knabe von einem freundlichen Manne, der oft in die Hütte der
Witwe eintrat, um ein kleines Almosen zu empfangen, jene Sage
auch gehört und teilte sie seinen Geschwistern mit, einem Knaben,
der Max hieß, und einem Schwesterchen, der kleinen Pauline.
Da beschlossen sie untereinander, den Abend des heiligen Drei—
königstages heimlich auf dem Weinberge zuzubringen und den
günstigen Augenblick zu erwarten. Sie verschwiegen aber gegen—
seitig ihre Wünsche und jedes freute sich, die anderen zu über—
treffen in deren glücklicher Wahl.
Als nun der Tag gekommen, ging die Mutter zu einer kran—
ken Base, die fern wohnte, übergab dem Knaben Fritz, der schon
zwölf Jahre zählte, die Obhut des Häuschens und der jüngeren