- 356 —
Aufgewühlt und zertreten, mit dunkelgeränderten Blutpfützen übersäet er¬
scheint der Kampfplatz. Das Totenpförtchen hat bereits elf Leichen verschlungen;
Vom Kampfe ermüdet, ziehen die Sieger unter dem Applaus der Menge und
mit Kränzen geschmückt durch das Ausgangstor ab, und die Zuschauer strömen,
die Pause zwischen Kampf und Hetze benützend, hinaus nach den Schenken und
unzähligen Verkaufsbuden, um neue Kräfte für die Hetze zu sammeln.
Ein feiner Staubregen wohlriechenden Wassers von Pumpwerken, durch
Sklaven und Maultiere getrieben, über den Zuschauerraum gespritzt, erfrischt
und kühlt die glühende Luft.
Erfrischungen, Backwerk, Süßigkeiten, in Schnee abgekühlte Getränke, Früchte,
Honig, süße Weine werden, durch des Festgebers Huld gespendet, in den Logen
der Vornehmen herumgereicht. In lebhafter, freudiger Stimmung tauschen die
Damen gegenseitig Besuche aus oder empfangen die Huldigungen der Männerwelt.
Doch zu lang' dünkt allen die Pause, kaum vermag die Gesellschaft ihre
Ungeduld zu bemeistern.
Da endlich ertönt das erste Hornsignal. Rauschend, die faltenreichen Gewänder
ordnend und ausbreitend, nehmen die zarten Schönen ihre Plätze wieder ein.
Ein neuer Stoß des Tubicen auf seinem Schlangenhorne, und die schau¬
lustige Menge nimmt rennend, stoßend und sich überstürzend die früheren Plätze
ein. Die Sonne hat unterdessen sich tiefer gesenkt, und vom nahen Meere her
weht eine kühlende Brise. Hört ihr das Brüllen und Knurren der mittelst An¬
schlagen an eherne Becken gereizten Bestien? Seht, wie sie an dem Gitter ihres
Zwingers Wange und Flanke streifend, unermüdlich auf und ab wandern!
Und noch ein Hornsignal, die Gitter knarren in den Angeln und speien
ihre Gefangenen aus. Die Pompejaner sind auf die Sitze gestiegen, alle Bande
von Anstand sind gelöst; wie sie brüllen und toben, gleich der Brandung, die
dort am Fels zerschellt, gleich dem sturmbewegten Meere! Beschimpfungen und
Verwünschungen werden gewechselt; man überbietet sich im gewählten Tone und
Ausdrucke. Weder Alter noch Geschlecht wird geschont.
Der Lärm wird unterbrochen durch das Erscheinen eines Rudels flüchtiger
Gazellen, welches die wilde Jagd eröffnet. Die armen unschuldigen Tiere
drängen sich in einen dichten Knäuel zusammen, die Köpfe ängstlich drehend
und mit verzagtem Blicke die grausame Menge um Gnade anstehend, denn ge¬
hetzt sind sie von mächtigen Doggen, die zwei Tage lang des Futters entbehrend,
nun wild anlaufen und mit unbarmherzigen Zähnen der armen Tiere Leiber
zerreißen und zerfleischen. In zierlichen Sprüngen durchfliegen sie die Bahn
von einem Ende zum anderen, den Staub hoch aufwirbelnd und vergebens einen
Ausweg aus dem Zirkus suchend. Ihre Kräfte brechen, sie stürzen auf die schlanken
Knie nieder, von der Todesangst überwältigt.
Pompeji jubelt auf den Bänken.