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Ostreichern zu befreien. An den Grenzen der Lausitz kam die Armee bei
einer morastigen Gegend in ein Gehölz, wo sie Halt machen mußte, bis der
Morast ausgefüllt war, um mit der Allillerie durchzukommen. Es war des
Morgens fruh kalt und nebelig. Im Augenblicke wurden viele Feuer gemacht
und auch eins vor dem Könige, der sich an einen Baum anlehnte. Die
Generalität lagerte sich um ihn, und einige schliefen; auch Zieten lag da.
Friedrich, in seinen Mantel gehüllt, ließ sich eine Tasse Chokolade machen.
Als er bemerkte, daß Zieten von seinem Sitze heruntergerutscht war, und
daß ihm ein Grenadier ein anderes Bündchen Holz unter den Kopf legte,
sagte er ganz leise: „Bravo! Der alte Mann ist müde!“ — Bald nachher
näherte sich ein Offizier, der dem Könige etwas zu melden hatte, und kam
nahe an Zieten. „Stille!“ sagte der Koönig „wecke Er mir Zieten nicht, er
ist müde!“ Eben dieser General schlief auch einst bei der Tafel des Königs,
und als ihn jemand aufwecken wollte, sagte Friedrich: „Laß ihn schlafen,
er hat lange genug für uns gewacht!“
56. Der Sommer.
Karl Haag. Zehn Anschauungskreise. Reval, 1876. S. 130.
Hat der Frühling uns schon warm gemacht, so thut's der Sommer
jetzt noch mehr. Da ist manchmal eine Hitze, daß man nicht weiß, wie man
sich schützen soll. Am angenehmsten ist's dann am frühen Morgen oder nach
Soͤnnenuntergang im Freien. Wer einen Garten hat und darin eine Laube,
der sucht sie auf, und am Sonntag nach der Kirche wandert man zum
Walde, setzt sich im Schatten hoher Tannen ins weiche Moos und erfrischt
sich am Waldesgrün und Blumenduft und Vogelsang.
Während der heißesten Stunden des Millags schließt man die Fenster⸗
läden, um die Stube kühler zu erhalten. Abends aber werden alle Fenster
geöffnet, um frische Luft einziehen zu lassen.
Wochenlang zeigt sich kein Wölkchen, und die Sonne strahlt in ihrem
höchsten Glanze über uns. Die Erde ist ausgetrocknet, Gras und Blumen
stehen welk, und das Laub der Bäume hängt schlaff an den Zweigen her⸗
hieder. Die kleineren Bäche versiegen, und selbst die größeren Flüsse werden
wasserarm. Der Landmann aber steht trauernd auf seinem Acker und fleht,
gen Himmel blickend, also: „Siehe, lieber Gott, ich habe gethan, was ich
onnte, habe im Frühjahr gepflügt und gesäet und die keimende Saat ge—
hütet mit aller Sorgfalt. Du hast sie bewahrt vor bbsen Wettern, und
beine Kinder freuten sich der gesegneten Fluren. Sei du uns auch ferner
gnädig und gieb uns unser täglich Brot!“ Und der Herr erbarmt sich seiner
Geschoͤpfe. Dunkle Wolken ziehen am Himmel auf und verfinstern die Erde.