fullscreen: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

230 
ja»*- 
die Domänenkammer zu ordnen gehabt hatte. „Und Ihr seid heute früh 
um sechs Uhr von Küstrin abgefahren?" fragte der Rat. „Euer Edlen 
zu dienen," antwortete der Sekretär. — „Da seid Ihr sehr schnell ge¬ 
fahren." — „Euer Edlen," fuhr der Sekretär fort, „ich bin allerdings 
sehr schnell gefahren — denn — denn" — er stockte. „Nun? Denn?" 
fragte der Rat. „Mich trieb etwas schleunig fort." „Und was war das?" 
„Ei nun. Seine Majestät König Friedrich Wilhelm waren bereits seit 
vier Uhr morgens in der Festung und seit halb fünf Uhr auf dem 
Exerzierplatz am Tore." Der Rat lächelte fast mitleidig. „Mein lieber 
Glöckner, Er hat auch gar zu große Manschetten. Weshalb gibt er denn 
Fersengeld vor Seiner Majestät?" „Ach, Edlen, ich bin mir nichts 
Böses bewußt; aber Seine Majestät haben eine gar scharfe Art, unser- 
einen zu examinieren. Wo wir uns blicken lassen, auf der Gasse, vor 
der Kirche, im Flur des Rathauses, ja selbst auf der offenen Landstraße, 
überall kommen Seine Majestät auf einen los, und nun geht das Fragen 
an. Da muß man auf die kleinsten Dinge antworten und genaue 
Auskunft geben können über die geringsten Posten, und wehe, wenn 
man stockt oder nicht Bescheid weiß!" 
Der Rat nickte stumm vor sich hin. „Ja, ja," begann er dann, „es 
ist ein außerordentlicher Mann, dieser König. Er kennt alles in seinen 
Staaten, weiß jede Ausgabe und Einnahme; jede Kleinigkeit in Geld¬ 
sachen geht durch seine Hände. Aber," fuhr er fort, „was tat der 
König in Küstrin?" „Was er immer tut! Inspizieren, revidieren, 
korrigieren und jedes Buch der Beamten, jeden Geldsack, jede Rechnung 
genau durchsehen. In Küstrin galt es, eine Militärinspektion zu halten. 
Mitten in der Morgendämmerung fuhr der König in die Stadt, hielt 
am Festungstor, zehn Minuten darauf ward Alarm geschlagen, eine halbe 
Stunde später stand die ganze Besatzung unter Gewehr. Als ich um 
sechs Uhr beim Exerzierplatz vor dem Tore vorbeifuhr, war der König 
noch zwischen den Fronten der Glieder und untersuchte jedes Mannes 
Uniform genau bis auf den letzten Gamaschenknopf. Weil ich nun 
fürchtete, Seine Majestät möchten mich in meiner schwarzen Amtstracht 
als einen Beamten erkennen und eine Prüfung mit mir anstellen, so 
trieb ich den Kutscher zu größter Eile an und kam glücklich davon. In 
Neudamm hörte ich, daß der König um sieben Uhr seine Besichtigung 
beendigt haben werde und irgendeine andere Stadt durch seinen Besuch 
erschrecken wolle." 
Der Rat lächelte wieder. „Wir werden ja hören, wohin Seine 
Majestät sich gewendet haben," sagte er. „Ah, da kommt der Hammel¬ 
braten," setzte er schmunzelnd hinzu, als die Köchin mit der großen, 
blaugeblümten Schüssel erschien, auf welcher der Braten dampfte. Aber 
gerade in dem Augenblicke ward die Tür aufgerissen, und mit einem 
Angstruse stürzte der Amtsdiener Klaus Starke in den Flur. „Er kommt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.