Full text: Deutsches Lesebuch für die Unterklasse

122. Es regnet. 
Es regnet! Gott segnet die Erde, die so durstig ist, 
— und ihren Durst sie bald vergißt. O frischer Regen, 
du Gottessegen! 
Es regnet! Gott segnet den hohen Baum, den kleinen 
Strauch und all die tausend Blumen auch. O frischer 
Regen, du Gottessegen! 
Es regnet! Gott segnet, was lebt und webt in weiter 
Welt; für jedes Tier ein Tröpflein fällt. O frischer 
Regen, du Gottessegen! 
Es regnet! Gott segnet die Menschen alle väterlich; 
sein Himmelstau erquickt auch mich. O frischer Regen, du 
Gottessegen! Enslin. 
123. Was Gott schickt, das ist wohlgemeint. 
Ein Kaufmann ritt einst von dem Jahrmarkte nach 
Hause und hatte hinter sich ein Felleisen mit vielem Gelde 
aufgepackt. Es regnete heftig und der gute Mann wurde 
durch und durch naß. Darüber war er unzufrieden und klagte 
sehr, daß Gott ihm gar so schlechtes Wetter zur Reise gebe 
Sein Weg führte durch einen dichten Wald. Hier 
sah er mit Entsetzen einen Räuber am Wege stehen, der 
mit einer Flinte auf ihn zielte und — sie abdrückte. Allein 
von dem Regen war das Pulver feucht geworden und die 
Flinte ging nicht los Der Kaufmann gab dem Pferde 
den Sporn und entkam glücklich. 
Als er in Sicherheit war, sprach er: „Was für ein 
Tor bin ich gewesen, daß ich das schlechte Wetter nicht als 
eine Schickung Gottes geduldig annahm! Wäre das Wetter 
schön und trocken gewesen, so läge ich jetzt tot in meinem 
Blute und meine Kinder warteten vergebens auf meine 
Heimkunft. Der Regen, über den ich murrte, rettete mir 
Gut und Leben.“ Chr. d. Schmid 
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