Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

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25. Der Geburtstag des Vaters. 
Als der Geburtstag des Vaters herbeikam, da sammelten die 
drei jüngsten Kinder Blumen und flochten sie, daß es der Vater nicht 
sah, zum schönen Kranze und konnten die ganze Nacht fast kein Auge 
zutun. Und als der Tag anbrach, gingen sie alle drei in des Vaters 
Kämmerlein mit bloßen Füßen und trugen den Blumenkranz alle 
drei und legten ihn auf des Vaters Bett, ganz leise, daß es der 
Vater nicht merke. Der Vater merkte es wohl, aber er tat, als ob 
er schliefe. Und als es nun Morgen war, da kam der Vater und 
hatte den schönen Blumenkranz und sagte: „Wo sind die Engelchen, 
die mich bekränzt haben in dieser Nacht?“ Und die Kinder kamen 
und hingen an ihm, küßten den Vater und waren voll Freude. 
Da kam ein Mann, der brachte ein hübsches Fäßlein, darin 
war schöner Wein, das Herz des Vaters zu erfreuen. Da war der 
Vater erfreut, als er sah, daß der älteste Sohn es gesendet, und 
die Kinder tanzten um den Vater und das Fäßlein. Danach trat 
der Vater an den Tisch und fand ein feines, großes Blatt, darauf 
war ein schöner, frommer Gesang von dem zweiten Sohne, der ihn 
aus der Fremde gesandt hatte. Und als der Vater es las, da 
lächelte er, und die Tränen fielen auf das Blatt. Da sahen die 
drei Kleinen den Vater an und sagten: „Nicht wahr, lieber Vater, 
wir können noch nichts geben und fertigen, wir sind noch zu klein?“ 
— Da nahm der Vater alle drei und druͤckte sie an sein Herz und 
sagte: „O denket nicht, daß eure Gabe geringer sei in meinen Augen. 
Klopfen doch eure kleinen Herzen so gut wie die andern, und mein 
Vaterherz für euch alle.“ Krummacher. 
26. Der Rittmeister Kurzhagen. 
In dem Regimente des berühmten, von Friedrich dem 
Grossen hoehgeehrten Generals von Zieten stand aueh ein Ritt- 
meister mit Namen Kurzhagen. Er war Xlug, tapfer und hatte 
ein kindliches Gemüt. Seine Eltern waren arme Landleute im 
Mecklenburgischen. Mit dem Verdienstorden auf der Brust rückte 
er nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges in Parchim ein. 
Die Eltern waren von ihrem Dörfehen nach der Stadt ge— 
kommen, um ihren Sohn naeh Jahren wiederzusehen, und er 
warteten ihn auf dem Markte. Wie er vie erkannte, sprang er 
raseh vom Pferde und umarmte sie unten Freudentränen. Bald 
darauf mussten zie zu ihn ziehen und assen allezeit mit an seinem 
Tisehe, aueh wenn er vornehmne Güste hatte. 
Deutsches Lesebuch. Mittelstufe L. Auflade. 
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