fullscreen: Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen katholischer Volksschulen

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„Lieb Kind! du sitzest hier? Komm doch heraus und spiel bei mir!" 
— Den Knaben stört es nicht, zum Sonnenschein er spricht: „Erst 
laß mich fertig sein!" — 
Der Knabe schreibet weiter, da kommt ein lustig Vögelein, das 
picket an die Scheiben und schaut so schlau zu ihm herein. Es ruft: 
„Komm mit! der Wald ist grün, der Himmel blau, die Blumen blühn!" 
— Den Knaben stört es nicht, zum Vogel kurz er spricht: „Erst 
^laß mich fertig sein!" — 
Der Knabe schreibt und schreibet, da guckt der Apfelbaum herein 
und rauscht mit seinen Blättern und spricht: „Wer wird so fleißig 
sein? Schau meine Äpfel! diese Nacht hab' ich für dich sie reif 
gemacht!" — — Den Knaben stört es nicht, zum Apfelbaum er u 
spricht: „Erst laß mich fertig sein!" 
Da endlich ist er fertig; schnell packt er seine Bücher ein und 
läuft hinaus zum Garten: Juchhe! Wie lacht der Sonnenschein! Das 
Bäumchen wirft ihm Äpfel zu, der Vogel singt und nickt ihm zu. 
Der Knabe springt vor Lust und jauchzt aus voller Brust; jetzt 
kann er lustig sein! — 
10. Zwei Gespräche. 
Ich stand einmal des Morgens im Dorfe an dem Kreuzwege, wo 
der eine Weg gleich in die Schule führt, der andere aber links nach 
der Kirmeswiese. Es war schönes Wetter. Da hörte ich zwei Knaben 
Folgendes sprechen: 
„Guten Tag, Karl!" 
Guten Tag, Michel! 
„Wo gehst Du hin, Karl?" 
In die Schule, Michel. — . 
„Ei was! In der Schule ist's garstig, da muß man lernen; 
draußen auf der Wiese sollst Du einmal sehen, da ist's jetzt hübsch! 
Komm, wir wollen dahin spielen gehen, Karl!" 
Am Abend, Michel; jetzt geh' ich lernen, ade! — 
„Meinetwegen, geh' Du arbeiten, Karl, ich geh' spielen; ade!" 
Zwanzig Jahre darnach stand ich in demselben Dorfe an Derselben 
Stelle. Es war-ein böser, kalter Wintertag. Ein blasser, ärmlich 
gekleideter Mensch klopfte an der Thüre des Schulhauses an. Der 
Lehrer, ein junger Mann, öffnete diese, und ich hörte nun die Leiden 
Folgendes sprechen: 
„Guten Tag, lieber Herr!" — 
Guten Tag, lieber Mann! — 
„Ach Herr, erbarmet Euch mein!" — 
Was verlangt Ihr denn von mir? — 
„Arbeit, Herr! -Ich will Euch die Schulstube fegen, ich will 
Euch die Öfen heizen, oder andere Dienste der Art thun. Nehmt 
mich auf!" —
	        
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