V. Naturgeschichte.
150. Der Kirschbaum.
Zum Frühling sprach der liebe Gott:
„Geh', deck' dem Würmlein seinen Tischl“
Darauf der Kirschbaum Blätter trug,
viel tausend Blätter grün und frisch.
Und 's Würmlein, — aus dem Ei erwacht's
nach langem Schlaf im Winterhaus.
Es streckt sich, sperrt sein Mäulchen auf
und reibt die blöden Augen aus.
Und darauf nagt's mit stillem Zahn
am zarten Blättlein hier und dort
und spricht: „Wie ist's Gemüs so gut!
Man kommt gar nimmer wieder fort.“
Und wieder spricht der liebe Gott:
„Deck' jetzt dem Bienlein seinen Tisch!“
Darauf der Kirschbaum Blüten trug,
viel tausend Blüten weiß und frisch.
Und bei der Sonne Morgenlicht
schaut 's Bienlein, und es fliegt heran
und denkt: „Das wird mein Kaffee sein;
sie haben kostbar Porzellan.
Wie sauber seh'n die Kelchlein aus!“
So steckt's sein Züngelein hinein
und trinkt und sagt: „Wie schmeckt's so süß!
Der Zucker muß doch wohlfeil sein!“
Zum Sommer sprach der liebe Gott:
„Deck' auch dem Spätzlein seinen Tisch!“
Darauf der Kirschbaum Früchte trug,
viel tausend Kirschen rot und frisch.