Full text: Vaterländisches Lesebuch für Fortbildungsschulen

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Jahrzehnte-⸗, jahrhundertelang haben sich deutsche Bürger, viel— 
mehr aber noch deutsche Bauern in fremden Landen gequält und ge— 
sorgt um ihr bißchen Leben und trotzdem deutsche Sprache und deutsche 
Sitte treu festgehalten. Gerade den Fernsten und Verlassensten kann 
man dieses nachrühmen. Deutsche Bauernart hat sich nie fremdem 
Wesen ergeben, wie sehr die Fremde auch gelockt und gedrängt hat. 
Möge ein stärkeres und glücklicheres Deutschland in kommender Zeit 
dieser Brüder, die Vortruppen der deutschen Weltwirtschaft und des 
deutschen Welthandels gewesen sind, fürderhin besser gedenken als das 
bisher geschehen ist. 
Fritz Luckau. 
75. Welchen Nutzen bringen die Kolonien der 
deutschen Volkswirtschaft? 
1. Alljährlich wan dert eine Anzahl Deutscher aus der Heimat aus, 
um in fremden Ländern, hauptsächlich in Amerika, ein besseres Fortkommen 
zu finden, als ihnen das Mutterland gewähren kann. Gegen 25 000 Köpfe 
beträgt gegenwärtig die jährliche Auswanderungsziffer (im Jahre 1911 
22690), während sie früher, noch Anfang der 1890er Jahre erheblich höher 
war. Diese Auswanderer gehen leider meist dem Deutschtum verloren. Be— 
sonders bei jenen, welche in Länder angelsächsischer Zunge und Sitte kommen, 
hat sich gezeigt, daß ein sehr beträchtlicher Teil mit den Bewohnern des 
Landes verschmilzt. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, daß es ein be— 
deutender Gewinn für Deutschland wäre, wenn auch nur ein Teil dieser Aus— 
wanderer in den deutschen Kolonien sich niederlassen und zur Bildung von 
überseeischen Gemeinwesen deutscher Nationalität beitragen würde. Welche 
wirtschaftlichen und politischen Vorteile die Entstehung solcher Gemeinwesen 
für das Mutterland mit sich bringt, zeigt die Entwicklung Englands, dessen 
Weltstellung größtenteils auf seinen Kolonien beruht. 
2. Die deutschen Kolonien sind aber nicht so beschaffen, daß sie jene 
durchschnittlich 25 000 jährlich auswandernden Landsleute aufnehmen könnten, 
auch wenn es gelänge, die Auswanderung dorthin zu lenken. Doch für eine 
beschränkte Zahl bietet in erster Linie Südwestafrika Raum. Auch Ostafrika 
kann in seinen hochgelegenen Gebieten deutsche Ansiedler aufnehmen. In 
jenen Gebieten sich niederlassende Ansiedler gehen Deutschland nicht verloren 
wie solche, die fremde Länder aufsuchen. Die Ergebnisse ihrer wirtschaftlichen 
Arbeit bedeuten einen Zuwachs zu dem Vermögen der deutschen Nation, nicht 
eine Verstärkung der Machtstellung anderer, häufig mit Deutschland kon— 
kurrierender Länder. 
3. Deutschland ist weiter für seine stetig anwachsende Industrie auf den 
Export angewiesen. Ein beständig größer werdender Teil des deutschen 
Volkes ist in industriellen Betrieben tätig. Es ist eine Existenzfrage für 
Deutschland, daß es die Möglichkeit des Absatzes seiner Industrie— 
erzeugnisse hat.
	        
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