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Und als es noch eine Weile gegangen war, kam wieder ein Rind
und hatte kein Leibchen an und fror; da gab es ihm seins. Und
weiter, da bat noch eins um ein Röcklein, das gab es auch von sich
hin. Endlich gelangte es in einen Wald, und es war schon dunkel
geworden; da kam noch eins und bat um ein Hemdlein, und das
fromme Mädchen dachte: „Es ist dunkle Nacht, da sieht dich niemand,
du kannst wohl dein Hhemd weggeben“ und zog das Hhemd ab und
gab es auch hin.
4. Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf
einmal die Sterne vom himmel und waren lauter harte, blanke
Taler. Und ob es gleich sein Hemochen weggegeben, so hatte es ein
neues an, und das war vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es
sich die Taler hinein und war reich für sein Lebtag. Gebröder Grimm.
41. Der Blinde.
1. Ein blinder Mann am Wege steht, 3. Du hast zwei Auglein, klar und rein,
fleht um ein Stückchen Brot; und frohen Mut dabei;
ein Kindlein ihm zur Seite gest, — du siehst der Sonne hellen Schein,
sein Aug' ist leer und tot. kannst springen frank und frei.
2. Den grünen Wald, der Sonne Licht, 4. Drum danke Gott von Herzensgrund
der Blumen bunte Pracht für deiner Augen Licht!
schaut sein erstorbnes Auge nicht, — Wie reich bist du, frisch und gesund, —
für ihn ist's immer Nacht. vergiß des Blinden nicht!
Georg Chriftian Dieffenbach.
42. Die halbgefüllte Flascho.
Als die Schweden einmal in Schleswig-Holstein eingefallen
waren und die Dänen gerade eine Schlacht gewonnen hatten, be—
kam ein dãnischer Soldat einen Wachtposten aut dem Schlachtfelde.
Mit Mühe hatte er für seinen brennenden Durst eine Plasche Bier
orhalten. Eben als er sie an seinen Mund setzt, hört er neben sich
die Stimme eines Schweden, dem beide Beine abgeschossen waren,
und der ihn flehentlich um einen Labetrunk bat. Ntleidig ging
der Soldat zu ihm und beugte sich über den Verwundeten, um ihm
die FPlasche zu reichen. Aber der tückische Schwede ergriff seine
Pistole und feuerte sie auf seinen Wobltäter ab, in der Hossnung,