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bei Actium, die über das Schicksal der Welt entschied. Mit Muth
und Anstrengung wurde beiderseits gefochten. Noch war nichts entschie¬
den; da plötzlich floh die ägyptische Königin mit einer Abtheilung ihrer
Flotte erschrocken aus dem Kampfe und suchte das Weite. Das sah
Antonius! Kleinmüthig und verzagt eilte er in einem Schnellsegler ihr
nach und floh, unbekümmert um den Ausgang der Schlacht, schleunigst
mit ihr zurück nach Aegypten. Noch setzten die Seinen, ohne zu wissen,
daß sie treulos verlassen waren, den Kampf fort bis zum Abend. Da
ergaben sie sich. — Das Landheer, getreu und kampflustig, harrte sieben
Tage lang der Ankunft des Triumvirn. Aber er kam nicht! Da traten
die Häupter, da traten endlich Alle, weil sie sich verlassen sahen, zu dem
erstaunten Sieger über.
Dieser zog nach Syrien und griff von dort auch Aegypten an. Hier
hatte sich Antonius noch einmal zur Gegenwehr gerüstet; aber mit
Schrecken mußte er sehen, wie eine Schar nach der anderen, wahrschein-
lich auf Geheiß der Königin Kleopatra, zum Sieger überging. Auch sie, die
Treulose, verließ ihn jetzt. Sie verbarg sich in dem schwer zugänglichen
Begräbnißgewölbe eines Tempels und ließ das Gerücht ausstreuen, sie
sei gestorben. Da stößt sich der elende Antonius verzweifelnd das Schwert
in den Leib. Aber während er in seinem Blute zuckend da liegt, kommt
die neue Nachricht, Kleopatra lebe noch. Nun läßt er sich in das Ge-
wölbe zu ihr hintragen und ftirbt nach langen Zuckungen zu ihren Füßen.
Kleopatra selbst schauderte vor Furcht, als Gefangene im Triumphe zu
Rom aufgeführt zu werden. Um dieser Schmach zu entgehen, bot sie
alle ihre Künste auf, den Sieger zu gewinnen. Doch vergebens! Da
ließ sie sich, so heißt es, in einem Korbe ein paar giftige Schlangen bringen,
die mit Früchten bedeckt waren, um die Wächter zu täuschen. Diese hielt
sie sonder Grauen an ihre Brust und starb an ihren giftigen Bissen.
Aegypten wurde jetzt (30 vor Chr.) eine römische Provinz.
Octavianus, Alleinherrscher. — Nach dem Tode des An-
tonius, des letzten Nebenbuhlers, stand Octavianus da als Alleinherr-
scher des ungeheuren römischen Reiches. Er selbst nannte sich nach seinem
Großonkel Cäsar (griechisch Kaisar), woher unser Wort Kaiser,
ein Ehrentitel, welcher noch jetzt die höchsten Herrscher bezeichnet. Der
Senat gab ihm (27 vor Chr.) dey Namen Augustus, d. i. der Er-
habene, der Geheiligte, und auch dieser Name blieb späterhin zur Be-
zeichnung römischer Herrscher im Gebrauch.