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114. Des Kirschbaums Gäste.
Der Kirschbaum grünt an Zweig und Ast,
da hat er auch schon einen Gast.
Am jungen Grün und zarten Blatt
frißt sich das Räuplein voll und satt.
Der Kirschbaum blüht an Zweig und Ast,
da hat er wieder einen Gast.
Das Bienchen findet Honigseim
und trägt ihn in die Zellen heim.
Und sind der Wochen sechs vorbei,
so kommen gar der Gäste zwei.
Kennst du sie wohl? Sag es geschwind!
Es ist das Spätzlein und — das Kind.
Ernst Lausch.
115. Bei dem Bienenvater.
Ein sonnenheller Junitag hatte uns zu den Großeltern auf das
Cand gelockt. Den Großvater fanden wir im Garten bei seinen Bienen.
Sonst sprangen wir ihm freudig entgegen; heute hielten wir uns ängstlich
von ihm zurück. Aber der Großvater rief uns ermunternd zu: „Nur
näher! Heute sticht keine, heute spenden ihnen die Blumen reichlich
honig; da haben sie gar keine Feit zum Stechen und sind froh und
guter Caune. Damit ihr euch aber gar nicht zu fürchten braucht, zieht
diesen Schleier vor das Gesicht.“ Wir folgten ihm und traten den
Stöcken behutsam näher. Da sahen wir, wie die Bienen emsig aus
und ein flogen. Einige kamen mit gelben, andere mit roten, wieder
andere mit braunen Höschen von Blumenstaub vom Felde heim. Die
meisten hatten es sehr eilig und schlüpften gleich zum Flugloche hinein.
Undere ruhten sich zuerst vor letzterem ein wenig aus.
Plõtzlich stürzten die Bienen eines Stockes in wilder Hast aus dem
Flugloche. „Der Stock schwärmt!“ rief freudig der Großvater. In
wenigen Minuten tummelten sich unzählige Bienen in der Luft und ihr
Summen erfüllte den ganzen Garten. Aber bald setzten sich einige an den
Ust eines Bäumchens, das die anderen lebhaft umschwärmten; immer
mehr kamen hinzu und hängten sich mit den Beinen aneinander. Da
flog auch die Königin an und nach kurzer Zeit hatten sich fast alle zu
einem großen Klumpen vereinigt. Der Großvater eilte nun mit einem
leeren Strohkorbe herbei und schüttelte mit einem Ruck den ganzen