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Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
schlössen wurde. Durch eine Demarkationslinie wurde Norddeutschland
von dem süddeutschen Kriegsschauplatze geschieden; dort herrschte Friede,
hier tobte der Krieg weiter. Während die Massen über das Schicksal
Europas entschieden, bekannte sich der Staat Friedrichs des Großen
zur Neutralität und verharrte dabei bis zum Jahre 1806.
Auch Spanien schloß mit Frankreich Frieden. Die Franzosen
wandten ihre Waffen nunmehr gegen Österreich. Süddeutsch-
Erzherzog l a n d verteidigte ErzherzogKarl.der Bruder des Kaisers Franz,
einer der tüchtigsten Feldherrn, die Österreich gehabt hat, ruhig und um-
sichtig, nur zu vorsichtig und bedächtig. Durch mehrere Siege zwang er
die Feinde zum Rückzug über den Rhein.
Einen anderen Ausgang nahmen die Kämpfe in Italien, wo Bona-
Napoleon parte befehligte. Napoleone di Buonaparte — so lautete ur¬
sprünglich sein Name — war am 15. August 1769 geboren. Er stammte
aus Ajaccio auf Korsika, einer Insel, die im Jahre vorher aus genuesi-
schein Besitz in den Besitz Frankreichs übergegangen war, und war der
Sohn eines Rechtsanwalts. Er erhielt seine Ausbildung auf den
Kriegsschulen zu Brienne und Paris und wurde dann Offizier. Als
die Revolution ausbrach, schloß er sich der jakobinischen Partei an und
gehörte zu den Anhängern Robespierres. Seine erste Tat von Be-
deutung war sein Eingreifen in die Belagerung von Toulon. Durch
die Gunst des Direktoriums erhielt er den Oberbefehl über die ita-
lienische Armee. Zu derselben Zeit verheiratete er sich mit I o -
s e p h i n e, der Witwe des guillotinierten Generals Beauharnais. Er
war ein Mann von außerordentlichen Geistesgaben und gewaltiger
Willenskraft, einer der größten Feldherrn der Weltgeschichte, dazu ein
bedeutender Regent. Aber ihn beseelte eine ungeheure, unzähmbare
Selbstsucht, ein furchtbarer Ehrgeiz, der ihn zu immer maßloseren Ent-
würfen verleitete. Andere Menschen verachtete er; selbst das eigene
Volk galt ihm wenig; nicht Frankreichs Wohl war für ihn bestimmend,
sondern das Interesse der eigenen Person. So ist sein Austreten nicht
nur für das übrige Europa, sondern auch für Frankreich Verhängnis-
voll gewesen.
^FeldzugLr In Italien führte Bonaparte sein Heer von Sieg zu Sieg, zwang
Sardinien Frieden zu schließen, hielt in Mailand seinen Einzug
und schloß ein österreichisches Heer in M a n t u a ein, das er zu be-
lagern begann. Alle Entsatzheere, die herannahten, schlug er und zwang
die Festung zur Kapitulation. Dann drang er, obwohl ihm nunmehr
der Erzherzog Karl entgegengestellt wurde, in die Alpen ein und ge-