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was du redest. Besinne dich nur erst recht, dann wird's besser
gehen.“ Niklas sah nach allen Seiten um sich, bald auf die holden
Kinder, bald auf die flimmernden Wände, bald auf die Pracht der
Sessel und Ruhebetten. „Willst du bei uns bleiben?“ sprach eins
der Mädchen, Niklas bei der Hand ergreifend. „Du sollst es bei
uns gut haben. Doch wisse, wenn du erst drei Tage bei uns ver—
weilt hast, so kannst du nie in dein Dörfchen zurückkehren; denn
wenn du wieder nach oben kämest, könntest du dich nicht an die
Luft gewöhnen und müßtest sterben.“ Erstaunt hörte Niklas zu.
Die Freundlichkeit der Mädchen, ihr frommes, sanftes Gesicht flößte
ihm unaussprechliches Zutrauen ein. Heiter sprang er von seinem
Lager auf und rief: „Ich bleibe bei euch!“ Das war eine Freude
für die guten Kinder. Sie jauchzten laut auf und riefen fröhlich:
„Du sollst auch unser lieber Bruder sein.“ Nun faßten sie ihn an
beide Hände und sagten: „Wir wollen dir unser Schloß und unsern
Garten zeigen; komm her!“ Es war gut, daß sie ihn angefaßt
hatten; denn beinahe wäre Niklas der Länge nach hingefallen, weil
er auf dem Fußboden nicht gehen konnte; denn dieser war spiegel⸗
glatt und bestand aus großen Silbertafeln. „Du wirst schon gehen
lernen,“ sagten die Mädchen schalkhaft und zogen ihn aus einem
Zimmer ins andere. Welch ein Glanz! Niklas sperrte vor Er—
staunen den Mund weit auf und sah alles starr an. Das Wenigste
kannte er; aber die Mädchen sagten ihm alles, was er wissen wollte,
so gut es in der Kürze ging. Da sah er Perlen, so dick wie welsche
Nüsse, Diamanten wie Hühnereier. Goldstangen faßten die Wände
ein; mit Gold, Silber oder Spiegelglas war der Fußboden getäfelt.
Herrliche Muscheln, seltene Meerschneckengehäuse, Alabaster- und
Mamorplatten leuchteten dazwischen. An den Wänden hingen goldene
Armleuchter mit langen Wachskerzen, und mitten in den Sälen sah
man goldene Kronleuchter von hundert Armen. Tische, Stühle und
andere Hausgeräte waren gleichfalls von gediegenem Golde. Die
Mãdchen hatten ihre Freude an der Überraschung des Knaben, dem
nun alle Häuser seines Dorfes armselig vorkamen, und führten ihn
treppauf, treppab, so daß Niklas glaubte, das Schloß habe gar kein
Ende. Endlich kamen sie in die unteren Räume. Da waren Küche
und Keller. Auf einem großen Herde brannten lustig die Feuer, in
vielen Töpfen kochte und briet es, und ein herrlicher Duft war
überall verbreitet. Aber keine Köchin war zu sehen, alles schien sich
von selbst zu machen. „Die Mädchen sind gewiß Herxen,“ dachte
Niklas bei sich, und es ward ihm unheimlich zu Mute; aber sie
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