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hin, der sogenannte Rennsteig, der an den meisten Stellen be-
fahren werden kann. Der Rennsteig ist die alte Grenze zwischen
Thüringen und Franken. Da der Thüringer Wald vollkommen
unverzweigt ist, so fehlen ihm die Längsthäler. Der Kamm des
Gebirges ist etwa 600 m hoch. Er wird von mehreren Bergen
überragt. Der höchste derselben ist der Beerberg (984 in), der
schönste und am meisten besuchte aber der Jnselsberg (916 in).
An der Nordwestecke des ganzen Zuges liegt auf steiler Höhe über
der Stadt Eisenach die Wartburg. Von hier aus beherrschten
die thüringischen Landgrafen ihr Gebiet, zu dem früher auch ein großer
Teil von Hessen-Nassau gehörte. Auf der Wartburg lebten und
wirkten die heilige Elisabeth und später eine Zeitlang Dr. Martin
Luther. Der Kamm des Thüringer Waldes fällt nach beiden Seiten
hin steil ab. Am südwestlichen Abhänge gehört ein Stück des Ge-
birges als der Kreis Schmalkalden zu unserer Provinz. An der
Nordecke dieses Gebietes liegt der Jnselsberg. Er bietet eine pracht-
volle Aussicht. Wenn das Gebirge von einem Nebelmeer bedeckt
ist, ragt der Gipfel des Berges oft wie eine Insel aus diesem
hervor.
Bewässerung. Vom Juselsberge stürzt die Truse in raschem
Lause, unterwegs einen schönen Wasserfall bildend, das Gebirge
hinab der Werra zu. Weiter oberhalb empfängt diese vom Thü-
ringer Walde noch die Schmalkalde und die Hasel. Diese
Flüßchen haben infolge ihres reißenden Laufes tiefe, schöne Thäler
eingeschnitten; ihr schnell dahinfließendes Waffer giebt zugleich die
bewegende Kraft für eine große Anzahl von Mühlen, Hammer-
werken n. dgl.
Bodenbeschaffcnheit. Der Thüringer Wald besteht meist aus
Granit, Porphyr und anderen älteren Gesteinen; nur am Fuße zeigt
er Buntsandstein. Er ist dicht bewaldet und trägt in den unteren
Teilen schöne Laubwälder, sonst meist Tannenwald. Die vielen
Bergrücken und die engen Ftußthäler lassen für Ackerland wenig
Raum. An den Waldrändern und in den tiefen Gründen giebt
es zahlreiche saftige Wiesen. Das Innere der Berge birgt reiche
Mineralschätze.
Beschäftigung der Bewohner. Der Ackerbau ist auf dem
Thüringer Walde gering und kann die dicht wohnende Bevölkerung
bei weitem nicht ernähren. Die Viehzucht ist zwar lohnender und
wird eifrig gepflegt, aber die Haupterwerbsquellen sind Forst-
Wirtschaft, Bergbau und Industrie. Der Kreis Schmalkalden
hat ungeheure Eisensteinlager. Die bedeutendsten Bergwerke befinden
sich an der Mommel und am Stahlb erg e („Brotkammer Schmal-
kaldens"). Die in ihnen gewonnenen Eisenerze werden in Stamps-
werken zerkleinert, dann durch Wasser von den erdigen Beimischungen
befreit und darauf in die Schmelzöfen gebracht. Diese Ösen sind
hoch aufgemauerte Schachte, in welche von oben her Erze und
Kohlen in abwechselnden Schichten geschüttet werden. Das Feuer
wird unten angezündet und durch gewaltige Blasebälge zu furcht-