Full text: Deutsches Volksschul-Lesebuch

UT 
235. Friedrich Rothbart auf dem Kitkhäuser. 
Von diesem Kaiser gehn viele Sagen im Schwange. Er soll 
noch nicht todt sein, sondern bis zum jüngsten Tage leben, auch 
kein rechter Kaiser nach ihm mehr aufgekommen sein. Bis da- 
hin sitzt er verhohlen in dem Berge Kitfhausen, und wann er 
hervorkommt, wird er seinen Schild hängen an einen dürren 
Baum, davon wird der Baum grünen und eine bessere Zeit wer- 
den. Zuweilen redet er mit den Leuten, die in den Berg kommen, 
zuweilen lässt er sich auswärts sehen. Gewöhnlich sitzt er auf 
der Bank an dem runden steinernen Tische, hält den Kopf in 
der Hand und schläft; mit dem Haupte nickt er stetig und 
zwinkert mit den Augen. Der Bart ist ihm groß gewachsen, 
nach einigen durch den steinernen Tisch, nach anderen um den 
Tisch herum, dergestalt, dass er dreimal um die Rundung reichen 
pus bis zu seinem Aufwachen; jetzt aber geht er erst zweimal 
erum. 
Rin Bauer, der 1669 aus dem Dorfe Röblingen Korn nach 
Nordhausen fahren wollte, wurde von einem kleinen Männchen 
in den Berg geführt, musste sein Korn ausschütten und sich da- 
für die Säcke mit Gold füllen. Dieser sah nun den Kaiser sitzen, 
aber ganz unbeweglich. 
Auch einen Schäfer, der einstmals ein Lied gepfiffen, das 
dem Kaiser wohlgefallen hat, führte ein Zwerg hinein; da stand 
der Kaiser auf und fragte: „Fliegen die Raben noch um den 
Berg?“ Und auf die Bejahung des Schäfers riek er: „Nun muss ich 
noch hundert Jahre länger schlafen.“ 
Deutsche Sagen von Jakob und Wilhelm Grimm. 
236. Barbarossa. 
Der alte Barbarossa, Der Stuhl ist elfenbeinern, 
Der Kaiser Friederich, Darauf der Kaiser sitzt; 
Im unterird' schen Schlosse Der Tisch ist marmelsteinern, 
Hält er verzaubert sich. Worauf sein Haupt er stützt. 
Er ist niemals gestorben, Sein Haupt ist nicht von Flachse, 
Er lebt darin noch jetzt; Es ist von Feuersglut, 
Er hat im Schloss verborgen Ist durch den Tisch gewachsen, 
Zum Schlaf sich hingesetzt. Worauf sein Kinn ausruht. 
Er hat hinabgenommen Er nickt als wie im Traume; 
Des Reiches Herrlichkeit Sein Aug’ halb offen zwinkt; 
Und wird einst wiederkommen Und je nach langem Raume 
Mit ihr zu seiner Zeit. Er einem Knaben wintt.
	        
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