Full text: Zweites Lesebuch für die unteren Mittelklassen der deutschen Volksschulen

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Flocken — Ruß — an. Währenddem schnitzt der Rußbrenner kleine 
Holzgefäüße aus dünnen Brettchen, bindet sie mit kleinen Holzreifen 
süuberlich zusammen und schließt sie oben mit einem hölzernen Deckel. Er 
klopft den Ruß aus dem großen Sack am Ofenschlot und füllt ihn in 
die kleinen Butten und Fäßchen. Dabei wird er freilich selbst zum 
schwarzen Mann. Der Rußbuttenmann ladet die kleinen und großen 
Fäßchen auf den Karren und fährt sie in die Stadt. Hier kauft sie 
jeder, der schwarze Farbe braucht. Der Maurer streicht damit den Ofen 
an und macht in der Stube damit den schwarzen Strich. Der Tapeten— 
drucker druckt damit auf das Papier. Der Farbmacher mischt den Ruß 
mit Gummi, formt ihn in viereckige Stückchen und legt ihn in den 
Tuschkasten. Damit malt das Kind jedem Soldaten auf dem Bilder— 
bogen einen schwarzen Schnurrbart. Andern Ruß erhält der Buchdrucker 
und macht davon Druckerschwärze, mit der er Bücher und Bilder druckt. 
Selbst der Stiefelwichser bekommt seinen Teil davon zur Stiefelwichse. 
Das Kind mag vielleicht weiße Männer, wie Zuckerbäcker und Köche, 
sieber leiden; allein es sieht schon ein, es muß auch schwarze Männer 
geben. vermann Vagner. 
160. Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt. 
Es ist ein Bäumlein gestanden im Wald, in gutem und schlechtem 
Welter; das hat von unten bis oben nur Nadeln gehabt statt Blätter; 
die Nadeln, die haben gestochen; das Bäumlein hat gesprochen; 
„Alle meine Kameraden haben schöne Blätter an, und ich habe nur 
Nadeln; niemand rührt mich an; dürft' ich wünschen, wie ich wollt', 
wünsch ich mir Blätter von lauter Gold.“ 
Wie's Nacht ist, schläft das Bäumlein ein, und früh ist's wieder auf— 
gewacht; da hatt es goldene Blätter fein; das war eine Pracht! Das Bäum⸗ 
lein spricht: „Nun bin ich stolz; goldene Blätter hat kein Baum im Holz.“ 
Aber wie es Abend ward, ging der Räuber durch den Wald mit 
großem Sack und langem Bart; der sieht die goldnen Blätter bald; er 
fleckt sie ein, geht eilends fort und läßt das leere Bäumlein dort. 
Das Bäumlein spricht mit Grämen: „Die goldnen Blättlein 
dauern mich; ich muß mich vor den andern schämen; sie tragen so 
schönes Laub an sich; dürft' ich mir wünschen noch etwas, so wünscht' 
ich mir Blätter von hellem Glas.“ 
Da schlief das Bäumlein wieder ein, und früh ist's wieder auf— 
gewacht; da hatt' es gläserne Blätter fein; das war eine Pracht! Das 
Bäumlein spricht: „Nun bin ich froh; kein Baum im Walde glitzert so.“ 
Da kam ein großer Wirbelwind mit einem argen Wetter; der 
fährt durch alle Bäume geschwind und kommt an die gläsernen Blätter; 
da lagen die Blätter von Glase zerbrochen in dem Grase.
	        
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