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Es badet sich bisweilen, aber nicht im Masser, sondern im
Staube. Mie das Lier spricht, wisst ihr alle. Einmal ruft es
um Mitternacht: „Rikiriki, es ist noch zu frühb!“ WMenn es
Morgen wird, weckt es die Leute und ruft: „Rilciriki, es ist nicht
mehr zu frühl“ Bei Tage stolziert es auf dem Bauernhofe um-—
her und passt auf, ob es regnen will; da ruft es wieder: „Ri-
kirikil Damit das Tier aber noch besser sehen kann, wo der
Wind hberkommt, und wo die Nolken ziehen, so haben die
Leute es auf den Rirchturm gestellt. Da steht es aber so
hoch, dass wir es niemals rufen hbören.
Quietmeher.
18. Der Hahn.
Von allen Vögeln gefällt
mir keiner so gut, wie ein recht
schöner, stolzer Hahn. Hoch
trägt er das Haupt; nach allen
Seiten spähen seine feurigen
Augen; unvermutet überrascht
ihn keine Gefahr. Alle seine
Empfindungen weiß er durch
verschiedene Töne und Stellun⸗
gen auszudrücken. Mit lautem Krähen verlündet er den anbrechenden
Morgen und weckt den fleißigen Landmann zu neuer Arbeit. Ist er auf
eine Mauer oder ein Dach geflogen, so schlägt er die Flügel kräftig zu⸗
sammen, kräht und scheint sagen zu wollen: „Hier bin ich Herr! Wer
wagt es mit mir?“ Ist er von einem Menschen gejagt worden, so kräht
er wieder aus Leibeskräften und verhöhnt gleichsam den Feind, dem er
nicht schaden kann. Besonders schön entfaltet er seine Pracht, wenn er
früh morgens aus dem Hühnerhause kommt und vor demselben seine
Stimme ertönen läßt. Noch schöner und stolzer jedoch erscheint er in
dem Augenblicke, wo das Geschrei eines fremden Hahnes sein Ohr trifft.
Er horcht, senkt die Flügel, richtet sich kühn empor und fordert mit lautem
Krähen zum Kampfe. Erblickt er den Feind, so rückt er ihm, sei er
groß oder klein, mutig entgegen oder stürzt in vollem Laufe auf ihn zu.
Jetzt treffen sie zusammen; die Halsfedern sind aufgerichtet; die Augen
sprühen Feuer, und jeder sucht den andern niederzuschmettern, indem er
mit aller Macht gegen ihn springt. Wer wird Sieger sein? Beide
scheinen an Mut und Kraft einander gleich. Jeder sucht ein höheres
Plätzchen zu gewinnen, um von dort aus mit größerer Gewalt streiten
zu können. Lange währt der Kampf; endlich nehmen die Kräfte ab; es