Full text: [Teil 2 = 4. und 5. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 2 = 4. und 5. Schuljahr, [Schülerband])

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es bleibt auch dabei.“ Also war der Richterspruch hingehalten, und 
Eulenspiegel verschwand aus Hildesheim und soll dem Roßtäuscher das 
Geld heute noch geben. 
Als Eulenspiegel nach Berlin kam, ward er Geselle bei einem 
Schneider. Während er nun auf der Werkstalt saß, sprach der Schneider 
zu ihm: „Geselle, willst du nähen, so nähe gut und so, daß man es 
nicht sieht.“ Eulenspiegel sagte ja, nahm die Nadel und das Gewand, 
kroch unter eine Bütte und steppte eine Naht übers Knie und fing an zu 
nähen. Der Meister sah kopfschüttelnd zu und sprach: „Was machst du 
denn? Das ist eine seltsame Näherei!“ Eulenspiegel antwortete: 
„Meister, ihr sagtet doch, ich sollte nähen, daß man es nicht sieht; so 
sieht es niemand.“ 
Eulenspiegel kam nach Köln und blieb dort einige Zeit in einer 
Herberge. An einem Tage nun begab es sich, daß das Essen so spät zum 
Feuer gebracht ward, daß es schon spät am Mittag war, als es auf— 
getragen wurde. Das verdroß Eulenspiegel gar sehr, daß er so lange 
fasten sollte. Der Wirt merkte das und sprach zu ihm: „Wer nicht 
warten kann, bis das Essen angerichtet wird, der mag essen, was er hat.“ 
Da setzte sich Gulenspiegel an den Tisch und aß eine trockne Semmel; 
dann setzte er sich auf den Herd und beträufte den Braten, bis er gar 
war. Da schlug es zwölf. Man lief, um den Tisch zu decken, man trug 
das Essen auf, und der Wirt setzte sich mit seinen Gästen dazu. Aber 
Eulenspiegel blieb in der Küche auf dem Herde sitzen, so daß der Wirt 
rief: „Wie, willst du dich nicht zu Tisch setzen?“ „Nein,“ sprach er, 
„ich bin von dem Geruch des Bratens satt geworden.“ Der Wirt schwieg 
und aß mit den Gästen, und nach dem Mahle bezahlten sie ihre Zeche. 
Der eine wanderte, der andre blieb, aber Eulenspiegel saß bei dem 
Feuer. Da kam der Wirt mit dem Zahlbrett, und er war zornig über 
Till und sagte zu ihm, er solle zwei kölnische Weißpfennige für das Mahl 
darauf legen. Eulenspiegel sprach: „Herv Wirt, seid Ihr so einer, daß 
Ihr Geld nehmt von einem, der Euren Braten nicht ißt?“ Doch der Wirt 
sprach, er solle nur das Geld geben; hätte er auch nicht gegessen, so wäre 
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