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fremder Hahn auf den Hof, so gibt es einen heißen Kampf. Mit
gesträubten Federn eilt er auf den Eindringling los und führt seine
Waffen so lange, bis er ihn von seinem Gebiete verjagt hat.
Noch ehe die Sonne untergeht, führt der Hahn sein Volk zur
Schlafstätte. Mit Anbruch des Tages ist er aber auch schon munter
und weckt die CLeute durch seinen freudigen Morgenruf:
„Kikeriki! Ihr Leut', steht auf,
seht, es kommt die Sonn' herauf!
Springet aus der dunkeln Kammer,
hebt das Beil und schwingt den Hammer,
führt den Pfriemen und die Nadel
und macht alles ohne Tadel!
Kikeritki, es ist schon hell,
macht euch an die Arbeit schnell!“
241. Der Sperling
Friedrieb Warmholz.
Den Sperling kennt jedes Kind. Man sieht diesen Grau-
rock überall auf unsern Höfen und Straßen, in den Gärten und
auf den Feldern. Sein Nest hat er unter Dächern, in altem
zerfallenem Gemäuer und in hohlen Bäumen. Von RBecht und
Gerechtigkeit weib dieser Bursche nichts. Ohne weiteres
dringt er bei der friedlichen Schwalbe ein. Er virft sie aus
ihrem eigenen Hause hinaus und richtet sien wohnlich darin
ein. Auf dem Hühnerhofe drängt er sich gierig zu. Er
tut, als ob er überall zu Hause wäre, und als ob alles für
jhn da sei. Den Hühnern frißt er das FPutter vor dem
Scehnabel weg; die erste reife Kirsche nimmt er vom Baume,
und von der Weintraube pickt er die sübesten Beeren. Wird
er bei seiner Tafelfreude gestört, so fliegt er auf den nächsten
Baum oder auss näcehste Dach und schimpft und kann sich
lange nicht zufrieden geben. Auch auf die Felder dehnt er
seine lästigen Besuche aus. Er erntet überall, wo er nieht ge-
st hat. Im Frühlinge lebt er von Würmern, Spinnen und
Kafern, besonders aber auch von Raupen. Guten Appetit!
So ausgelassen und keck der Spatz im Sommer ist, so
leinlaut und verzagt ist er im Winter. Da sitzt er auf dem
Pensterbreti und pickt die Brotkrümchen auf, die man ihm
hinstreut, und auf dem Rehricht hüpft er umher, um ein ver—
lorenes Rörnlein zu finden.