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lang der arme Bruder „Wonichtsist“, weil es ihm nie der Mühe
wert war, mit einer kleinen Ersparnis den Anfang zu machen,
um nach und nach zu einem größeren Vermögen zu kommen.
So dachte der jüngere Bruder nicht. Der pflegte zu sagen:
„Was nicht ist, das kann werden.“ Er hielt das Wenige, was
ihm von der Verlassenschaft der Eltern zu teil geworden war, zu
Rate und vermehrte es nach und nach durch eigene Ersparnisse,
indem er fleißig arbeitete und eingezogen lebte. Anfänglich ging
es hart und langsam; aber sein Sprichwort: „Was nicht ist, das
kann werden,“ gab ihm immer Mut und Hoffnung. Mit der Zeit
ging es besser. Er wurde durch unverdrossenen Fleiß und Golles
Segen noch ein reicher Mann und ernährt jetzt die Kinder des
armen Bruders „Wonichtsist“, der selber nichts zu beißen, noch
zu nagen hat.
145. Nätsel.
Es giebt vier Brüder in der Welt,
die haben sich zusammengesellt.
Der erste läuft und wird nicht matt,
der zweite frißt und wird nicht satt,
der dritte trinkt und wird nicht voll,
der vierte singt und klingt nicht wohl.
Ich schwimm' im Wasser froh und frisch und bin doch weder
Frosch noch Fisch; ich bin kein Vogel, und doch geschwind dehn' ich die
Flügel im flatternden Wind.
Mit D ist's immer schwarz, mit Keist's schwarz und rot,
doch rot nur, wenn es lebt, und schwarz nur nach dem Tod.
146. Judas Ischarioth.
Als der Verräter Judas noch ein Knabe war, schenkte sein
Vater ihm und seinen Geschwistern jedem ein Bäumchen, dem einen
ein Feigenbäumchen, dem andern ein Mandelbäumchen, dem dritten
ein Olbäumchen, und empfahl den Kindern, sie recht zu pflegen.
Das thaten sie denn auch; sie hackten den Boden auf, jäteten das
Unkraut aus, lasen die Raupen ab, begossen sie während der Dürre
mit Wasser, und so hingen sie denn auch im Herbste voll der schͤn
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