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L.: Wir haben bisher von unserem Schulzimmer und den
Dingen im Schulzimmer gesprochen. Zähle mir nochmals
die Dinge im Schulzimmer auf, über die wir geredet haben!
Heute wollen wir hören, weshalb (zu welchem Zweck) ihr
jeden Tag in die Schule kommt!
Sch.: Wir gehen in die Schule, damit wir etwas lernen.
L.: Ja, ihr sollt hier vieles lernen, das ihr später im Leben
notwendig braucht. Wer nichts lernt, der kann nichts.
Das sagt ein schönes Sprüchlein:
Lernst du was, so kannst du was!
Lernst du nichts, so kannst du auch nichts!
Das war aber nicht immer so, daß die Kinder in die
Schule gingen. Hört, da will ich euch eine Geschichte von
hier erzählen!
Es war vor vielen, vielen Iahren. Den allerältesten
Leuten hier sogar gedenkt es nicht mehr. Die Leute, die
damals gelebt haben, sind schon längst alle gestorben. Die
Leute die heute leben, waren damals noch gar nicht auf
der Welt. Unser Schulhaus und noch viele andere Häuser
sind damals noch nicht gebaut gewesen. Nur ein paar
jetzt ganz alte Häuser sind schon gestanden. Schon so
lange ist es her, als das geschah, was ich euch erzählen
will. Die Leute von damals waren auch Bauern, Maurer,
Schuhmacher, Schneider, Schmiede, Wagner usw. Die
Frauen trugen auch schon ihre Eier, Milch, Butter in
die Stadt und verkauften sie. Der Bauer verkaufte seine
Schweine und Rinder an den Metzger wie heute. Aber da
ging es ihnen oft schlecht. Die Frauen konnten noch
nicht rechnen. Das merkten die schlauen Städter mri>
gaben den Bauersfrauen weniger Geld für ihre Sachen. Erst
daheim merkten es die Bauersfrauen, daß ihnen die Städter
zu wenig gegeben hatten, daß sie also betrogen worden
waren. Gerade so ging es auch dem Bauer, wenn er
ein Stück Vieh oder Gerste und Kartoffeln verkaufte.
Er konnte nicht ausrechnen, was die Sache wert war und
bekam oft viel weniger Geld dafür; erst später merkte er
es. Auch wenn die Leute etwas kauften, wurden sie be-
trogen; denn sie konnten nicht lesen und nicht rechnen.
Ein Maurer wollte ein Haus bauen, da konnte er nicht
ausrechnen, wie viele Backsteine er brauchte; er bestellte
viel zu viel oder viel zu wenig. Einmal war in einem
Haus große Not. Die Mutter war schwer krank, und
man sah, daß sie sterben müßte. Gar zu gerne hätte sie
ihren Sohn noch einmal gesehen, der war aber weit weg
von hier in einer Stadt und arbeitete dort als Schreiner-
geselle. Was sollte man da anfangen?
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