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„Zurück in eure Wogen
Ihr Lilien ungezogen!“
Da stockt der Tanz, die Mädchen schrei'n
Und werden immer blässer.
Der Vater ruft: „Puhl Morgenluft!
Zurück in das Gewässer!“
Die Nebel steigen aus dem Tal,
Es dämmert schon der Morgenstrahl,
Und Lilien schwanken wieder
Im Wasser auf und nieder.
115. Schwãäbische Kunde.
(Joh. Ludw. Uhland.)
Als Kaiser Rotbart lobesam
Zum heil'gen Land gezogen kam,
Ta mußt' er mit dem frommen Heer
Durch ein Gebirge wüst und leer
Daselbst erhub sich große Not:
Viel Steine gab's und wenig Brot,
Und mancher deutsche Reitersmann
Hat dort den Trunk sich abgetan.
Den Pferden war's so schwach im Magen,
Fast mußt der Reiter die Mähre n
Nun war ein Herr aus Schwabenland,
Von hohem Wuͤchs und statker Hand,
Des Rößlein war so krank und schwach,
Er zog es nur am Zaume nach;
Er hält' es nimmer aufgegeben,
Und kostet's ihn das eigne Leben.
So blieb er bald ein gutes Stück
Hinter dem Heereszug zurück.
Da sprengten plötzlich in die Quer
Fünfzig türkische Reiter daher.
Die huüben an, auf ihn zu schießen,
Vach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht' sich nit,
Ging seines Weges Schritt vor Schritt,
Ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken
Und tät nur spöttlich um sich blicken
Bis einer, dem die Zeit zu lang,
Auf ihn den krummen Säbel schwang.
Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
Er trifft des Türken Pferd so gut:
Er haut ihm ab mit einem Streich
Die beiden Vorderfüß zugleich.
Als er das Tier zu Fall gebracht,
Da faßt er erst sein Schwert mit Macht.