Full text: Lesebuch für das erste Kindesalter ([Teil 2: Unterstufe], [Schülerband])

Die Reformation in den nordischen Reichen und in Polen. 
115 
einen gewaltsamen Tod des unglücklichen Prinzen, über sein Verhältnis zu 
der liebenswürdigen und gütigen Königin Elisabeth und deren Tod besonders 
seit Schillers Dichtung zur Volksmäre ward. Beide starben eines natür- 
lichen Todes (1568), Don Carlos durch langsamen Selbstmord, indem er über- 
mäßig viel Eis verschluckte, beide von Philipp betrauert. Kein spanischer Prinz 
eignet sich weniger zum Mittelpunkt romantischer Sage als Don Carlos. 
Seinen andern Sohn und Nachfolger Philipp, welchen ihm die vierte 
Gemahlin Anna von Österreich gebar (1578), hielt er von allen Staats- 
geschäften fern und ließ ihn zu einem stillen, frommen Manne erziehen, der 
mehr zum Gehorchen als zum Gebieten taugte; auch dem Kriegswesen mußte 
er fernbleiben, so daß eine unkriegerische Generation von Karl V. ab¬ 
stammte . der doch die meiste Zeit seines Lebens unter ben Waffen zu¬ 
gebracht hatte. 
V. Die Deformation in den nordischen deichen und in polen. 
Die drei skandinavischen Reiche hatten Jahrhunderte lang durch den un- 
ruhigen, gewalttätigen Geist des hohen Adels und der aus seiner Mitte 
hervorgegangenen hohen Geistlichkeit gelitten und in wechselvollen Kriegen 
einander befehdet, bis eine große Frau, Margaretha von Dünemark, 
die Tochter Waldemars III. von Dänemark, alle drei Reiche durch die Union 
von Kalmar (1397) vereinigte. Nach dieser Unionsakte sollte die Re- 
gierung bei dem dänischen Königshause sein; im Falle seines Aussterbens aber 
hatten die vereinigten Stände der drei Reiche einen König zu wählen. 
Margarethens Nachfolger konnten selten die Union aufrecht erhalten, weil 
Schweden und Norwegen auf Dänemarks Vorrang zu eifersüchtig waren. 
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts herrschte in Schweden der Adel, der aus 
dem Hause der Sture einen Reichsverweser auf Lebenszeit gewählt hatte. 
König Christian II. von Dänemark (1513—1523) gewann durch die 
Aussicht auf die Reichsverweserschaft den Erzbischof Trolle von Upsala, ward 
aber von den Schweden geschlagen; Trolle geriet in Gefangenschaft. Im 
Jahre 1520 landete Christian wieder und schlug den Reichsverweser, der 
tödlich verwundet wurde. Die Geistlichkeit wirkte für den König; auch der 
Adel erkannte denselben von neuem an und schaffte die Reichsverweserschaft 
ab. Nachdem ihm Stockholm am 7. September 1520 die Thore geöffnet 
hatte, bewilligte Christian allgemeine Amnestie, brach diese aber vier Tage 
nach seiner Krönung (4. November) unter dem erlogenen Vorwande, die der 
Entsetzung des Erzbischoss Trolle Schuldigen müßten nach der päpstlichen 
Bannbulle gestraft werden. Am 8. November wurden allein in Stockholm 
2 Bischöfe, 94 Adelige und vornehme Bürger geköpft, während die gemeinen 
8*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.