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Und da dachten die drei Hunde noeh lange daran, wie wohl
ihnen die Hochzeitsuppe, die Hochzeitbrüheé und der Hochzeit-
kuehen geschmeckt, und vom Braten hatte jeder genug gerochen.
Bechstein.
240. Sparsam ist nicht geizig.
Zwei Einwohner eines abgebrannten Dorfes gingen von Ort zu Ort,
um milde Gaben einzusammeln. Da kamen sie zu einem großen Bauern—
hof. Der Bauer stand eben vor der Thür. Er verwies einem Knechte
ernstlich, daß er die Stricke, woran die Ochsen gespannt waren, über
Nacht im Regen gelassen habe und die Sache nicht besser verwahre. Da
sie dies von weitem hörten, sagte einer zum andern: „O weh, dieser
Mann ist geizig, da wird's nicht viel geben!“ Als sie näher kamen,
wurden sie von dem Bauer ganz liebreich empfangen und ins Haus ge—
führt. Sie erzählten ihm nun ihr Unglück. Der Bauer ließ ihnen zu
essen geben, schenkte ihnen ein schönes Stück Geld und versprach, noch
einige Malter Saatkorn in das verunglückte Dorf zu schicken. Die Männer
verwunderten sich sehr über seine Wohlthätigkeit. Sie gestanden während
des Essens freimütig, daß sie ihn anfangs für geizig gehalten, weil er
dem Knechte wegen einer solchen Kleinigkeit einen harten Verweis ge—
geben hätte.
„Liebe Freunde,“ antwortete der Bauer, „ebendeswegen, weil ich
sparsam bin, bleibt mir so viel übrig, daß ich Notleidenden helsen unn
teme.
241. Der Hufnagel.
Wer im kleinen nicht Sorge trägt, muß im großen Schaden leiden.
Das erfuhr einst ein Kaufherr, der eines schlechten Nagels halber
ein schönes Roß verlor. Dieser ritt nämlich vom Markte nach seiner
Heimat zurück, wohl bepackt mit Geld und Geldsorgen. In einem
Städtchen hielt er Mittag, und der Knecht, als er ihm sein Pferd vor—
führte, sagte: „Herr, es fehlt dem Roß ein Nagel im Hufeisen am linken
Hinterfuße.“ — Ei was,“ sagte der Kaufherr, „Nagel hin, Nagel her! Die
sechs Stunden, die ich noch zu machen habe, wird das Eisen wohl noch
halten. Ich habe Eile.“ Und damit ritt er fort. Nach etlichen Stunden,
aͤls er wieder einkehrte und dem Rosse Brot geben ließ, kam der Knecht
in die Stube und e „Herr, es fehlt eurem Rosse ein Hufeisen am
linken Hinterfuße; soll ich's wohl zum Schmied führen?“ — „Hm!“ sagte
der Kaufherr, „Hufeisen hin, Hufeisen her! — Die paar Stunden, die ich
noch zu machen habe, wird das Pferd wohl aushalten. Ich habe Eile.“
Und er ritt wieder fort. Er ritt aber nicht lange, so fing das Pferd zu
hinken an; und das Pferd hinkte nicht lange, so fing es zu stolpern an;
und es stolperte nicht lange, so fiel es endlich und brach ein Bein und
stand nicht wieder auf. Da sagte der Kaufherr freilich nicht mehr: „Pferd
hin, Pferd her!“ — sondern er kratzte sich hinter den Ohren, schnallte die
Geldkatze und den Mantel ab und setzte seinen Weg fort zu Fuß, wohl
beladen mit Geld und Geldsorgen, und er hatte keine Eile mehr. Unter—
wegs aber dachte er wohl: An dem ganzen Unglück ist doch nur der
vermaledeite Nagel schuld. Wetzels Lesebuch.