Full text: [Erster Theil, [Schülerband]] (Erster Theil, [Schülerband])

310. Spruch von der Glocke und Ubr 
Es seblügt die Glocke kling und Blang! Du Knab', die Stunden 
sind nieht lang, du Knab', die Stunden fiegen sehnelü; sei du ein 
fleissiger Gesell. 
Wer träg und faul die Zeit verthut, der borgt zuletzt sein'n 
Sehuh und Hut; und hat er Hunger, hat er Durst: ihm fehlen Bier 
und Brot und Wurst. 
Mit ihrem Tiktak spriebt die Uhr: Mein Kind, du lebst ein 
Weilchen nur, ein jeder neue Stundenschlag gemahnt dieh an den 
letzten Tag. Von deiner Wiege bis zum Grab ist kurz der Weg, 
dies merk dir, Knabl 
311. Die A⸗B-C-Schützen. 
Rathe, was ich habe vernommen: Es sind achtzehn fremde 
Gesellen ins Land gekommen, zu malen schön und säuberlich. Doch 
keiner einem andern glich; all ohne Fehler und Gebrechen, nur konnte 
keiner ein Wort sprechen, und damit man sie sollte verstehn, hatten sie 
fünf Dolmetscher mit sich gehn. Das waren hochgelehrte Leut; der erst 
erstaunt, reißts Maul auf weit, der zweite wie ein Kindlein schreit, 
der dritte wie ein Mäuslein pfiff, der vierte wie ein Fuhrmann rief, 
der fünft gar wie ein Uhu thut. Das waren ihre Künste gut; damit 
erhoben sie ein Geschrei, füllt noch die Welt, ist nicht vorbei. 
Wunderhoru. 
312. Das kann ich nicht! 
Es war einmal ein kleiner Mann, den ich dir jetzt nicht nennen 
kann, das war ein Bube frisch und stark mit rundem Arm und festem 
Mark, der konnte ohne große Noth bezwingen stets sein Butterbrot, der 
konnte tüchtig springen, laufen und brauchte nie sich zu verschnaufen, 
der konnte seinen Kreisel treiben, im Ballspiel mußt' er Meister bleiben, 
kein andrek so die Kunst verstand, zu schlagen keck ein Tonnenband, 
und wenn's zum Mittagsessen ging, so war er ganz besonders flink. 
Zum Schreiben aber und zum Lesen, dazu ist er nicht flink ge— 
wesen, zur Schule ließ er sehr sich treiben, möcht' lieber noch im 
Garten bleiben, da stöhnt er denn beim Buche sehr, und alles schien 
ihm gar zu schwer, und gleich sprach unser kleiner Wicht: „Das kann 
ich nicht, das kann ich nicht!“ 
Einstmals der Vater kam nach Haus, sah recht vergnügt und 
freundlich aus, und unter seinem Arm er trug ein Päcklein, wie es 
schien, ein Buch. Er sprach zum Büblein: „Nun gieb acht, ich hab' 
dir etwas mitgebracht, ein Buch ist's von besondrem Werth, es macht 
dich klug und hochgelehrt; „willst du des Lesens Müh nicht scheuen, 
so will ich dich damit erfreun.“ Doch als er hört „ein Buch, ein Buch,“ 
da hat das Büblein schon genug; mit weinerlichem Ton es spricht: 
„Papa, das kann ich aber nicht!“ 
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