Full text: [1 = Unterstufe, [Schülerband]] (1 = Unterstufe, [Schülerband])

100 VIII. Im Walde. 
Wähle dir keinen einfältigen, keinen allzurohen Menschen zum 
Freunde! Selbst mit dem besten Willen kann er oft mehr als der 
ärgste Feind dir schaden. August Gottlieb Meißner. 
206. Der Wolf und der Mensch. 
Der Fuchs erzählte einmal dem Wolfe von der Stärke des 
Menschen; kein Tier könnte ihm widerstehen, und sie mülsten 
List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete 
der Wolk: „Wenn ich nur einmal einen Menschen zu sehen be— 
kame! ich wollte doch auf ihn losgehen.“ — „Dazu kann ich dlir 
helfen,“ sprach der Fuchs; „äomm nur morgen früh zu mir, so 
will ich dir einen zeigen!“ Der MWolt stellte sich frühzeitig ein, 
und der Fuchs brachte ihn hinaus auf den Weg, den der Jager 
alle Tage ging. 
Zuerst kam ein alter, abgedankter Soldat. „Ist das ein 
Mensch?“ fragte der Wolf. „Nein,“ antwortete der Fuchs, „das 
ist einer gewesen.“ Danach kam ein kleiner Knabe, der zur 
Schule wollte. „Ist das ein Mensch?“ — „Nein, das will erst 
einer werden.“ PEndlich kam der Jäger, die Doppelflinte auf 
dem Rũücken und den Hürschfänger an der Seite. Sprach der 
Fuehs zum Wolle: „Siehst du, dort kommt ein Mensch; auf 
den mulsst du losgehen; ich aber will mich fort in meine Höhle 
machen. 
Der Wolf ging nun auf den Menschen los. Der Jäger, als 
er ihn erblickte, sprach: „Es ist schade, dass ich keine Kugel 
geladen habe,“ legte an und schoss dem Wolfe das sSchrot ins 
Gesicht. Der Wolf verzog das Gesicht gewaltig, doch liess er 
sieh nicht schrecken und ging vorwärts; da gab ihm der Jäger 
die zweite Ladung. Der Wolt verbiss den Schmerz und rückte 
dem Jager zu Leibe. Da zog dieser seinen blanken Hörschfänger 
und gab ihm links und rechts ein paar Hiebe, dass er, über und 
ũber blutend, mit Geheul zu dem Fuchse zurücklief. 
„Nun, Bruder Wolf,“ sprach der Fuchs, „wie bist du mit 
dem Menschen fertig geworden?“ — Ach,“ antwortete der Wolt, 
„so hab' ich mir die Stärke des Menschen nicht vorgestellt; erst 
ahm er einen Stock von der Schulter und blies hinein, da flog 
mir etwas ins Gesicht, das hat mich ganz entsetzlich gekitzelt 
Danach pustete er noch einmal in den Stock, da flog mir's um 
die Nase wie Blitz und Hagelwetter, und wie ich ganz nahe war, 
da zog er eine blanke Rippe aus dem Leibe, damit hat er so auf 
mich losgeschlagen, dass ich beinahe tot waãre liegen geblieben — 
„Siehst du,“ sprach der Fuchs, „was du für ein Prahlhans bist! 
Pu wirfst das Beil so weit. dass du's nicht wieder holen kannst.“ 
Jakob und WVilbelu Grimm.
	        
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