fullscreen: Dichtung des Mittelalters (Teil 1)

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Dritte Periode, von 1150—1300. 
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Da mußte Hagen fallen von seiner Hand zuthat; 
Der Anger von den Schlägen erscholl im Wiederhall. 
Hätt' er sein Schwert in Händen, so wär' es Hägens Tod. 
Sehr zürnte der Wunde; es zwang ihn wahrhafte Not. 
Seine Farbe war erblichen; er konnte nicht mehr steh'n. 
Seines Leibes Stärke mußte ganz zergeh'n, 
Da er des Todes Zeichen in lichter Farbe trug. 
Er ward hernach betrauert von schönen Frauen genug. 
Da fiel in die Blumen der Kriemhilde Manu. 
Das Blut von seiner Wunde stromweis niederranu. 
Da begann er die zu schelten, ihn zwang die große Not, 
Die da geraten hatten mit Untreue seinen Tod. 
Da sprach der Todwunde: „Weh, Ihr bösen Zagen, 
Was helfen meine Dienste, da Ihr mich habt erschlagen? 
Ich war Euch stets gewogen und sterbe nun daran. 
Ihr habt au Euren Freunden leider übel gethan. 
„Die find davon beschälten, so viele noch gebor'u 
Werden nach diesen: Tage: Ihr habt Euren Zorn 
Allzusehr gebrochen an dem Leben mein. 
Mit Schanden geschieden sollt Ihr von guten Recken sein." 
Hinliefen all die Ritter, wo er erschlagen lag, 
„ Es war ihrer vielen ein freudeloser Tag. 
Wer Treue kannt' und Ehre, der hat ihn beklagt: 
Das verdient' auch wohl um alle dieser Degen unverzagt. 
Der König von Burgunden klagt' auch seinen Tod. 
Da sprach der Todwunde: „Das thut nimmer not, 
Daß der um Schaden weine, von dem man ihn gewann: 
Er verdient groß Schelten: er hätt' es besser nicht gethan." 
Da sprach der grimme Hagen: „Ich weiß nicht, was Euch reut. 
Nun hat doch gar ein Ende, was uns je gedräut. 
Es giebt nun nicht manchen, der uns darf besteh'n; 
Wohl mir, daß seiner Herrschaft durch mich ein End' ist gescheh'n." 
„Ihr mögt Euch leichtlich rühmen," sprach der von Niederland. 
„Hätt' ich die mörderische Weis' an Euch erkannt, 
Vor Euch behütet hätt' ich Leben wohl und Leib. 
Mich dauert nichts auf Erden, als Frau Kriemhild, mein Weib. 
„Nun mög' es Gott erbarmen, daß ich gewann den Sohn, 
Der jetzt auf alle Zeiten den Vorwurf hat davon, 
Daß seine Freunde jemand meuchlerisch erschlageu: 
Hätt' ich Zeit und Weile, das müßt' ich billig beklagen.
	        
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