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von Eseln und Pferden herbekommen konnten. Die Not der Armen
nahm Elisabeth sich zu Herzen, und sie ließ für sie backen und mahlen.
Die Diener durften dem Landgrafen nichts mehr ins Gesicht
sagen. Da machten sie es anders. Sie suchten ihm alles hinter
seinem Rücken zu sagen. Wenn der Landgraf vorüber ging, da zischelten
und tuschelten sie miteinander leise über die Landgräfin und sprachen:
„Unser gnädigster Herr sollte es nur wissen. Sie trägt hinunter, was
sie nur kann. Jedesmal, wenn sie fortgeht, hat sie etwas unter dem
Mantel. Wer weiß, wer weiß, was sie da alles wegschleppt! Nun,
wenn wir alle arm sind, dann wird er es schon merken.“
Solche Reden führten sie fast alle Tage und der Landgraf hörte
sie, er mochte wollen oder nicht. Da ward er doch unruhig. „Sollten
die Diener dennoch recht haben? Zwanzig Augen sehen mehr als
zwei Ich habe die Sache vielleicht nicht richtig angesehen. Elisabeth
gibt vielleicht doch zu viel. Und einen Mantel tut sie um? Will sie
etwas vor mir verstecken?“ So dachte er und nahm sich vor: „Ich
will der Sache auf den Grund kommen.“
Einst war Ludwig nach der Stadt geritten. Elisabeth hatte nun
Zelt weil sie nicht mehr um ihren Gemahl zu sorgen brauchte. Da
sorgte sie wieder nur für ihre Armen. Sie holte einen Korb, tat
Essen hinein und nahm ihn an den Arm. Dann ging sie mit ihrer
Dienerin den Wartburgweg hinab. Sie kam in die Nähe der Stelle,
welche die Leute Armenruh nannten, wo Elisabeth immer das Brot
austeilte, wie eine Mutter ihren Kindern.
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Da kam auf einmal der Landgraf aus Eisenach zurück, ihr ge—
rade entgegen. Er stieg vom Pferde, schaute Elisabeth in das Gesicht
und merkte, wie sie rot aussah, denn sie war vom Gehen auf dem
stellen Wege rot geworden. Er trat auf sie zu. Er merkte gar
wohl, daß sie etwas unter dem Mantel trug. Er schlug den Mantel
zurück und rief sie hart an: „Was trägst du da? Laß sehen!“
Elisabeth erschrak über das barsche Wort, den harten Ton, den
forschenden Blick, das finstere Gesicht und seine schnelle Hand.
Th. S.
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