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„Du furchtsamer Tropf!“ sprach der ältere; „wer uns in den Weg
kommt, den stoßen wir mit unsern Messern lieder. Dann kräht
kein Hahn darnach.“
Die Bosewichter versetzten dem Müller, der sich tapfer wehrte,
eine tödliche Wunde und machten sich mit dem Gelde davon.
Drei Jahre nachher blieben sie einmal in dem Wirtshause eines
abgelegenen Walddorfes über Nacht. Da krähte der Haushahn gang
3 bei ihnen so laut, daß beide davon erwachten. „Der verwünschle
Hahn!“ sprach der ältere Räuber, „ich könnté ihm Fleich den Kragen
umdrehen. Seit jener Nacht in der Mühle ist mir sein Krähen in
der Seele zuwider.“ Geht's dir auch so wie mir?“ sprach der jüngere.
„Wir hätten den Müller nicht umbringen sollen. Denn seit der Zeil
geht mir, so oft ein Hahn kräht, ein Stich durch das Herze Sie
schliefen wieder ein, aber gegen Morgen drangen plötzlich bewaffnete
Männer in die Kammer und nahmen sie gefangen. Der Wirt hatte,
da zwischen ihrer Schlafkammer und der seinigen nur eine leichte
Bretterwand war, ihr Gespräch gehört und sogleich bei dem nächsten
Amtsgerichte Anzeige davon geinacht. Als nun beide Mörder wegen
ihres Mordes hingerichtet wurden, sagten die Leute: „So hat doch ein
Hahn darnach gekräht! Besser wäre es gewesen, sie hättlen sich von
dem warnen lassen, der zuvor gekräht hat.“
21. Der Hahn, der Hund und der Fuehs.
Wilhelm Curlman.
Geschichtchen sülr Kinder. 6. Aufl. Gießen. 18600. S. 12. (1. Aufl. Offenbach. 1840.)
Ein Hund und ein Hahn schlossen Freundschaft und
wanderten zusammen in dieé Eremde. Eines Abends Konnten gie
kein Haus erreichen und muszten im Walde übernachten. Der
Hund sah endlich eine hohle Eiche, worin für ihn eine vortret
liche Schlafßammer war. „Hier wollen wir bleiben,“ sagte er
zu seinem Reisegefährten. „Ich bin es zufrieden,“ sagte der
Hahn, „aber ich schlafe gern in der Höhe.“ Damit fog er
auf einen Ast, vünschte dem andern gute Nacht und gètzte
gieh zum Schlafen. Als es Morgen werden vwollte, sing der
Hahn an zu krähen, denn er dachte: „Es ist bald Zeit zum
Weiterreisen.“ Das Rikeriki hatte der Fuchs gehört, dessen
Wohnung nicht weit dayon war, und sehnell wvar er da, un
den Hahn zu fangen. Denn ihr wiszt ja, dasz der Fuche en
Hühnerdieb ist. Da er den Hahn so Boch sitzen sah, dachte
er: „Den musz man durch gute Worte herunter locken, denn
so hoch Kann ich nicht Clettern.“ Gut; mein Füchschen macht
gieh ganz höflich herbei und spricht: „Ei guten oren. lieber
Herr Vetter! Wie kommen die hierhèr? Ieh habe Sie gar 2u
lange nicht gesehen. Aber Sie haben sich da eine gar unbe
queme Wohnung gewählt, und wie es scheint. haben Sie auch
noch nichts gefrühstüekt. Wenn es Lhnen gefällig ist, mit in
mein Haus zu kommen, so werde ich Ihnên mit ganz fisch
gebackenem Brot aufwarten.“ Der Halm kannte aber den