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weiteren Aufbaue einer gesunden nationalen Bildung zu gewinnen,
einen, auf unmittelbare Änschauung gegründeten, planmäßig die Natur
und Kultur der Heimat betrachtenden Unterricht, der noch dazu durch die
klassische Litteratur des Lesebuches seine sittliche Weihe und poetische Ver—
klärung erhalten soll, zum Mittelpunkte eines Lehr- und Lesebuches für
die etwa zehnjährige Jugend machen?
In erster Linie haben wir es aber auf Weckung der eigenen Beobach—
tungskraft und der freien Selbstthätigkeit abgesehen. Die zu ver—
mittelnden Kenntnisse sollen selbsterlebte Erfahrungen sein. Manche
dieser Kenntnisse können wieder verloren gehen, wenn nur das Organ, das
sie erwarb, entwickelt wurde und eine bleibende Richtung zur Selbstthätig—
keit hin genommen hat. Wenn weiter nichts durch dieses Buch geweckt
würde als die Lust, selbständig zu beobachten, die Fähigkeit, mit aktiver
Aufmerksamkeit Thatsachen selbst aufzufassen und infolgedessen
das Vermögen, mit Interesse und Verständnis die mit Rücksicht auf den
Lehrstoff und den geistigen Standpunkt der Schüler ausgewählten Lesestücke
zu lesen, so wäre schon ein großer Gewinn erzielt.
Erfahrungsmäßig steht die Welt der sinnlichen Erscheinungen noch
wie ein unzerpflücktes Ganzes vor dem Kinderauge. Wir wollen daher
nicht zu früh die Dinge der Heimat in einem systematischen Zusammenhange
vorführen, wir wollen sie nicht nach den abstrakten Gesichtspunkten ver—
schiedener Lehrfächer zerpflücken. Da aber gleichwohl die schulmäßige
Behandlung einen festen Gang erfordert, so haben wir es für gut befunden,
die Lehrstoffe in die Rahmen der zu behandelnden Lokale einzufügen, die
Kategorieen so einfach und natürlich wie möglich, ganz der Natur der Dinge
und der Vorstellungsweise des Kindes entsprechend, zu bilden. Auf diese
Weise erhalten die Elemente der verschiedensten Wissenschaften ihre natür—
lichsten Anknüpfungspunkte; sie reichen sich ungezwungen die Hand.
Da eine bestimmte Heimat von uns bei der Bearbeitung dieses Buches
nicht ins Auge gefaßt werden konnte, so mußten wir eine ideale deutsche
Laudschaft zum Vorwurfe nehmen. Infolgedessen fiel der Lehrstoff sehr
reichlich aus. Selbstverständlich werden die Lehrer denselben dem Charakter
ihrer Heimat und dem geistigen Standpunkte ihrer Schüler gemäß gestalten
und färben, vereinfachen oder erweitern müssen. Manches Kapitel
wird der eine in Rücksicht auf die Physiognomie seiner Landschaft breiter,
der andere kürzer behandeln können.
Wie im Anschlusse an den hier gebotenen Lehrstoff der heimatlichen
Landschaft der Unterricht zur Behandlung des Heimatlandes, d. i. des
engeren Vaterlandes oder der besonderen Provinz, fortzuschreiten hat, hat
Hugo Weber in seiner „Heimatkunde vom Königreiche Sachsen
. Rursus“ zu zeigen versucht.“) Hoffentlich gelingt es uns, auch noch
für andere Länder, bez. Provinzen, ähnliche Heimatkunden als Anhang
bieten zu können.
*) Dieses mit einer vorzüglichen Karte von Wildeis versehene Büchlein kann
für sächsische Schulen als angebundener Anhang der Lesebücher Heimat“ und
„Mittelstufe“ bezogen werden, ist aber auch besonders zu haben.