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recht, Jockli! Könige und Fürsten grüßen ihren geringsten Unterthan
freundlich, warum soll ein Bauer nicht desgleichen thun?“
Nun, was geschah? — Jockli war sechzehn Jahre alt, stark und
groß, und half seiner Mutter durch Tagelohn das Brot verdienen.
Wegen seiner Höflichkeit hatte ihn jedermann gern. An einem Sonntage
saß er mit andern jungen Burschen vor dem Wirtshause an der Land—
straße. Da kam des Weges daher ein alter Herr aus der Stadt,
welcher spazieren ging. Ein betrunkener Bursche ging ihm entgegen und
wollte mit dem alten Herrn tanzen. Da lachten die Umstehenden aus
vollem Halse; aber keiner ging, den Fremden vor den Beleidigungen
des Trunkenboldes zu schüßen, nur Jockli sprang hin, schob den Be—
trunkenen auf die Seite und führte den alten Herrn zum Pfarrer, zu
welchem er begehrte.
Kaum eine Viertelstunde nachher kamen zwei Karossen voller Hexren
und Frauenzimmer. Die jungen Burschen und älteren Männer gafften
und serrten die Mäuler auf, als sollie ihnen Kutsche und Pferde da
hineinfahren. Endlich sagte einer: „Das ist gewiß der Oberherr, der
zum Schlosse fährt!“ — Da zogen sie alle, einer nach dem andern
ganz langsam die Mütze vom Kopfe, obgleich die Wagen schon längst
porbei waren und am Schlosse hielten. Nun gingen sie hin und gafften
aus der Ferne. Da sahen sie den alten Herrn, vom Pfarrer begleitet,
zum Schlosse gehen und Jockli neben ihm. Der alte Herr war der
Oberherr selbst, welcher seit vielen Jahren in fremden Kriegsdiensten
gestanden hatte und nun zurückkam. Er behielt den höflichen Jockli
sogleich bei sich, kleidete ihn ganz neu und machte ihn zu seinem
Kammerdiener. Jockli aber wußte durch seine Höflichkeit und Dienst—
fertigkeit alle Herzen zu gewinnen, und er war dabei so brav und treu,
daß der alte Oberherr sein ganzes Vertrauen in ihn setzte und ihn
endlich zum Verwaller aller seiner Güter machte. Sogar, als der alte
Herr sterben wollte, vermachte er seinem lieben Verwalter im Testamente
eine große Geldsumme und einen Bauernhof.
Von der Zeit an hielten die andern auch ihre Kinder zur Höflich—
keit an. Und wenn noch irgend ein Grobian unter den Knaben war,
so riefen sie alle, wie Jockli's Mutter! „Jockli, zieh das Käppli
ab!“ — und es half.
Höflich und gefällig sein
macht dich beliebt bei groß und klein.
J. 6. Zschokke. ol. J. Staubs Kinderbüchlein. St. Gallen. V. Heft. S. 155.
338. Drei Sprüche. (a.)
Nur für solche Kind, die grob und gar nicht höflich sind.
. Wer auf dem Kopf hat einen Hut, dem steht er noch einmal
so gut, wenn er ihn oft herunter thut.
Q Wer seine Mutz trägt auf dem Kopf, wie angewachsen an den
Schopf, der heißt mit Recht ein grober Knopf.