Full text: [Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband])

— 160 — 
auf dem Dache ihres Schneehäuschens auf. Als nun die Nacht kam, und 
das Schneegestöber immer ärger wurde, so daß gar bald der ganze Ein— 
gang zur Halle zugeschneit war, und man durch den Schnee hindurch das 
Geschrei des Uhus und das Brausen des Sturmes in den Tannen kaum 
snoch hören konnte, da mag es den armen Kindern wohl hbange genug ge— 
worden sein Waren sie doch ohnehin dort im Schnee bei lebendigem Leibe 
schon begraben, ohne Sarg, und ohne daß der Totengräber eine Schaufel 
angesetzt hatte. Wer Gott schützte die Kleinen vor wilden Tieren und vor 
dem todlichen Froste, und eng aneinander gedrängt, schliefen sie zuletzt ein. 
io Ihre Eltern schliefen zu Hause auch ruhig; denn sie meinten, die Kinder 
waͤren bei der Patin wohl aufgehoben. Abs sie aber am andern Morgen 
einen Boten ausschickten, der die Mädchen holen sollte, und dieser sie nicht 
fand, da ging sogleich jedes, das laufen konnte, mit Schaufeln und Schippen 
hinaus in den Schnee, um die Kinder zu suchen. Man kam bei diesem 
is Suchen auch an den Hohlweg, und dort sah man das Notzeichen der 
Kleinen, die beiden zusammengestellten Spinnrocken mit dem roten Tüchlein, 
das gerade noch ein wenig aus dem Schnee herausstand. Da konnte man 
sich nun denken, daß die Mädchen auch nicht weit davon verborgen sein 
muͤßten; deshalb rief und schrie man sehr laut. Und die Kinder drinnen 
o in ihrer kalten Kammer hörten das Rufen, sie antworteten darauf und ver— 
suchten zugleich mit ihren Händen sich herauszuarbeiten. Dies aber wäre 
ihnen wohl unmöglich gewesen, wenn nicht die Männer außen, die den 
Laut von innen vernommen hatten, mit Schaufeln den großen Schneehaufen, 
der um die Mädchen her lag, hinweggearbeitet hätten. Denn der ganze 
2 Hohlweg war in der Nacht zugeschneit, und es war nur gut, daß die kleinen 
Tannenbäumchen das schwere Dach von Schnee noch so getragen hatten; 
sonst wären die Kinder erstickt. So aber kamen sie ganz wohlbehalten 
heraus ins Freie, keines ihrer Glieder war von Frost beschädigt; denn der 
Schnee hatte sie gegen den scharfen Wind zugedeckt, und sie hatten sich 
zo eines am andern erwärmt. 
Die Eltern aber und alle Leute im Dorfe freuten sich gar herzlich 
über die Rettung und Bewahrung der guten Kinder und dankten Gott 
inniglich dafür. 
247. Das Eis. 
Lüben. 
Wenn die Menschen eine Brücke über einen Fluß haben wollen, so 
35 bauen sie daran manchmal länger als ein Jahr. Der liebe Gott kann das 
schneller. Es ist schon vorgekommen, daß er alle Gewässer in ganz Deutsch— 
land und in Rußland dazu in einer einzigen Winternacht mit festen Brücken 
bedeckt hat. Er nahm Eis statt Holz, und die Brücken waren fertig und 
so blank und glatt, als wären sie vom Tischler gehobelt und poliert worden. 
10 Wir Kinder haben das Eis recht gern; denn wir können mit und ohne 
Schlittschuh so schnell darauf hingleiten wie ein Wagen auf der Eisenbahn. 
Zuweilen fällt man freilich tüchtig darauf hin; aber das schadet nicht viel, 
man zerbricht dabei nicht leicht etwas. Schlimmer läuft es dagegen manch— 
mal ab, wenn das Eis unter uns bricht und wir ins Wasser fallen. Ist 
45 dann nicht gleich ein Erwachsener in der Nähe, so kommt man leicht unter
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.