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101. Gebet zu dem heiligen Christ.
1. Du lieber, heil'ger, frommer Christ,
der für uns Kinder kommen ist,
damit wir sollen weis' und rein,
und rechte Kinder Gottes sein!
2. Du Licht, vom lieben Gott gesandt
in unser dunkles Erdenland,
du Himmelskind und Himmelsschein,
damit wir sollen himmlisch sein:
3. Du lieber, heil'ger frommer Christ,
weil heute dein Geburtstag ist,
drum ist auf Erden weit und breit
bei allen Kindern frohe Zeit.
4. O segne michl ich bin noch klein,
o mache mir das Herze rein!
O bade mir die Seele hell
in deinem reichen Himmelsquell!
5. Daß ich wie Engel Gottes sei,
in Demut und in Liebe treu,
daß ich dein bleibe für und für,
du heil'ger Christ, das schenke mir!
Ernst Moritz Arndt.
102. Der Grimm des Winters.
Der Winter hatte sich einmal vorgenommen, alle Menschen
und Tiere auf der Erde auszurotten. Deshalb kam er mit einer
so grimmigen Rälte, dass alle Flüsse und alle Seeen mit dickem
Eise belegt wurden. Das ganze Peld war von tiefem Schnee
bedeckt, und die Pensterscheiben waren jeden Morgen mit so
dicken Eisblumen überzogen, dass sis den ganzen Tag nicht auf-
tauen konnten. Allein der Winter hatte sich doch ein wenig
verrechnet. Zwar ging es den armen Vögelchen übel, weil sie
wegen des hohen Schnees draussen nichts zu fressen fanden;
allein sie Kamen in die Städte und Dörfer, und es streute ihnen
gar manches mitleidige Kind einige Körnchen und Brotkrümchen
hin, so dass die meisten leben blioben. Auch waren schon vor-
her grosse Scharen von Zugvögeln in wärmere Länder gewandert,
wo der Winter nicht viel ausrichten Kann. Auch die übrigen
Diere erfroren nicht. Der liebe Gott hat ihnen einen dickeren
Pelz wachsen lassen, und dieé Hasen und Rehe scharrten sich