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252. Ostern.
Wenn der Storch wieder in sein Nest zurückgekehrt ist, wenn die
Wiesen sich mit frischem Grün bedecken und hinter den Hecken das Veilchen
blüht — dann ist die Zeit der Ostern da. Palmsonntag, Gründonnerstag
und Karfreitag sind vorüber? Es ist Ostersamstag. In allen Häusern
wird geputzt und gescheuert, denn an hohen Festtagen muß alles blinken.
Für die Kinder ist aber viel wichtiger, daß Kuchen gebacken werden und
daß der Hase seine bunten Eier legt. Deshalb können sie es kaum er⸗
watten, bis der Ostermorgen anbricht. Schon früh verlassen sie ihre
Betlen, waschen und kämmen sich, beten ihr Morgengebet und eilen,
nachdem sie ihre Festkleider angezogen haben, auf die Straße. Da ist
es aber heute ganz still und feierlich, denn das Geräusch der Werktags—
arbeit ist verstummt. Nur zuweilen vernimmt man den Ton einer Glocke,
welche die Menschen mahnt, sich zur Kirche zu bereiten. Endlich beginnt
das Geläute, und alt und jung strömt im Festgewande der Kirche zu.
Sobald der Pfarrer die Kirche betritt, hört es auf zu läuten. Die Orgel
tönt, und die Gemeinde beginnt einen frommen Gesang. Nachdem der Pfarrer
über die Bedeutung des Osterfestes gepredigt und den Segen gesprochen
hat, verlassen die Leute unter den Klängen der Orgel das Gotteshaus.
Jetzt legt der Hase seine roten, blauen, gelben und grünen Eier in
die kleinen Gärtchen, welche sich die Kinder gemacht und mit Gras und
Moos ausgepolstert haben. Oft versteckt er dieselben auch in dem Grase,
in den Hecken oder gar in den Brennesseln. Jubelnd werden dieselben
gesucht und in kleine Körbchen gesammelt. Die Kinder zeigen sich gegen—
seilig ihre Eier, vergleichen, wer wohl die schönsten und festesten habe und
auschen dieselben aus. Wenn der Nachmittagsgottesdienst vorüber ist,
gehen Kinder und Erwachsene auf die Wiese, um die Eier so lange in
die Höhe zu werfen, bis sie zerbrechen. Manche stoßen auch die Spitzen
zweier Eier aufeinander. Wessen Ei ganz bleibt, der hat gewonnen. Die
zerbrochenen Eier werden gegessen; doch ist es nicht gut, wenn die Kinder
allzuviele Eier essen, denn sie werden davon leicht krank. Zum Werfen
gibt es auch bunte Eier aus Holz und Porzellan. Diese sind allerdings
beniger zerbrechlich, dafür kann man sie aber auch nicht essen. In Bauern—
stuben sieht man oft das ganze Jahr hindurch an der Stubendecke aus—
geblasene mit Binsenmark und bunten Läppchen verzierte Eier hängen.
Sie werden erst eutfernt, wenn der Osterhase wieder neue gebracht hat.
253. Der Osterhase.
Der Has', der Has', der Hase hat uns gelegt im Grase viel Eilein
gelb und rot; will hinter Stauden, Hecken er eilig sich verstecken, so hat es
keine Not; wir suchen ihn im Grase, da liegt er schon, der Hase.