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geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von
rotem Sammet, und weil ihm das so wohl stand und es
nichts anderes tragen wollte, hieß es nur das „Rotkäppchen.“
Eines Tages sprach seine Mutter zu ihm: Komm,
Rotkäppchen! Da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche
Wein; bring das der Großmutter hinaus! Sie ist krank
und schwach und wird sich daran laben. Mach dich auf,
bevor es heiß wird, und wenn du hinaus kommst, so geh
hübsch sittsam und lauf nicht vom Wege ab; sonst fällst du
und zerbrichst das Glas, und die Großmutter hat nichts!
Und wenn du in ihre Stube kommst, so vergiß nicht, guten
Morgen zu sagen, und guck nicht erst in allen Ecken herum!“
„Ich will schon alles gut machen,“ sagte Rotkäppchen und
gab der Mutter die Hand darauf. Die Großmutter aber
wohnte draußen im Walde, eine halbe Stunde vom Dorfe.
2. Wie Rotkäppchen dem Wolfe begegnet.
Als nun Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete
ihm der Wolf. Rotkäppchen aber wußte nicht, was für ein
böses Tier das war, und fürchtete sich nicht vor ihm.
„Guten Tag, Rotkäppchen!“ sprach er. — „Schönen Dank,
Wolf!“ — ‚Vo hinaus so früh, Rotkäppchen?“ — „Zur
Großmutter.“ — ‚Was trägst du unter der Schürze?“ —
„Kuchen und Wein. Gestern haben wir gebacken, da soll
sich die kranke und schwache Großmutter etwas zu gut thun
und sich damit stärken. — „Rotkäppchen, wo wohnt deine
Großmutter?“ — ‚Noch eine gute Viertelstunde weiter im
Walde, unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr
Haus; unten sind die Nußhecken; das wirst du ja wissen,“
sagte Rotkäppchen. Der Wolf dachte bei sich: „Das junge,
zarte Ding ist ein fetter Bissen; der wird noch besser schmecken
als die Alte. Du mußt es listig anfangen, damit du beide
erschnappst.“ Da ging er ein Weilchen neben Rotkäppchen