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Auch auf der Landstraße geht viel Torf nach Bremen.
Die Wagen, die dazu gebraucht werden, sind so groß, daß sie,
wie die Schiffe, sechs Kubikmeter, oder wie man im Teufelsmoor
sagt, einen halben Hunt fassen. —
Die Torfschätze des Moores werden mit jedem Jahre ge—
ringer, und es wird die Zeit kommen, wo sie völlig erschöpft
sind. Darauf müssen unsere Moorbauern sich schon heute ein—
richten. Sie müssen die abgetorften Flächen urbar machen und
tüchtig auf Ackerbau und Viehzucht halten, damit sie, wenn das
Torfgeschäft nachläßt und endlich ganz aufhört, von der Land—
wirtschaft ihr gutes und sicheres Auskommen haben.
Dietrich Speckmann.
72. Ein Tag auf einem Marschhofe.
E⸗ ist frühmorgens. Die alte Hausuhr auf dem Vorplatze
schlägt eben fünf. Aber seit länger als einer Stunde schon
sind die Hofbewohner munter; denn es ist die Zeit vor Ostern,
und da gibt es viel zu schaffen. Noch ist die Arbeit des Winters
nicht ganz beendet, da drängen auch schon wieder die Geschäfte
des Frühjahres. — Auf der Diele dreschen vier Tagelöhner das
letzte Korn; eine Magd schlägt die Garben um und schwingt
dann und wann selbst den Flegel mit. Die andere Magd hat
gemolken und trägt eben die Milch zur Küche. Auf dem Herde
flammt unter dem Kessel ein Feuer; die Morgensuppe wird
gekocht. Grütze oder heiße, süße Milch oder auch Buttermilch—
suppe, in welche Schwarzbrot gebrockt wird, ist die gewöhnliche
Morgenkost.
Aus dem Stalle dringt Lärm. Die Pferde wiehern, rasseln
an der blechbeschlagenen Krippe und scharren auf dem Stall—
pflaster. Der Großknecht schilt laut mit dem „Swepenjungen“;
denn schon seit zehn Minuten hat die alte braune „Lotte“ kein
Futter mehr in der Krippe. Auch der Sohn des Hausherrn
tritt in den Stall, sieht alles nach und hilft redlich mit schelten.
Aber plötzlich ertönt ein Zauberwort: „Rinkamen, wat
eten!“ Eine Magd steckt ihren Kopf aus der halbgeöffneten
Tür zum Vorplatz und ruft's mit heller Stimme. — Der Takt—
schlag der Drescher verstummt; mit eiligen, klappernden Schritten