Full text: Lesebuch für das erste Kindesalter (Teil 2, [Schülerband])

71 107. Von der Beschädigung der Bäume. 108. Die Ruͤbe 
fand aber zu meinem Verdruß keinen einzigen Thaler. Als der 
Nachbar am andern Morgen das Loch sah, lachte er, daß er sich 
beide Seiten hielt, und sagte: „O du einfältiger Mensch, so war 
es nicht gemeint! Ich will dir aber ein veredeltes Birnbäumchen 
schenken. Das setze in die Grube, die du gemacht hast, und nach 
einigen Jahren werden die Thaler schon zum Vorschein kommen.“ 
Ich setzte den jungen Baum in die Erde; er wuchs und wurde 
der große, herrliche Baum, den ihr hier seht. Die köstlichen Früchte 
welche er nun seit vielen Jahren getragen, brachten mir schon weil 
mehr als hundert Thaler ein. Ich habe deshalb das Sprüchlein 
des klugen Nachbars nicht vergessen. Merkt es euch auch: 
In jeden Raum pflanz' einen Baum 
und pflege sein. Er bringt dir's ein! 
107. Von der Beschädigung der Bäume. 
Die Menschen würden von dem Anpflanzen der Obstbäume viel 
größeren Nutzen haben, wenn Beschädigungen an denselben seltener 
würden. In einen Acker zu gehen und die Saat niederzutreten, 
das hält man wohl noch für Sünde. Allein ein Bäumchen zu 
beschädigen — das halten so viele nicht für Unrecht. Der e8 
pflanzte, hoffte so viel von ihm. Er freute sich, daß Gott dasselbe 
hatte grünen lassen, und nun kommt ein leichtsinniger Bube und 
vernichtet mit einem Schnitte aus bloßem Mutwillen seine Hoff— 
nungen und seine Freude! Denkt euch nur selbst, daß ihr das 
Bäumchen gepflanzt hättet und es auf einmal vertrocknet fändet 
Dann werdet ihr gewiß vor einer solchen That zurückschrecken. 
108. Die Rübe. 
Ein armer Tagelöhner hatte in seinem Garten eine ungemein 
große Rübe gezogen, über die sich jedermann verwunderte. Ich will 
sie unserm gnädigen Herrn verehren,“ sagte er; „denn es freut 
ihn, wenn man Feld und Garten wohl bestellt.“ 
Er trug die Rübe in das Schloß. Der Herr des Schlosses lobte den 
Fleiß und den guten Willen des Mannes und schenkte ihm drei Dukaten. 
Ein Bauer im Dorfe, der sehr reich und sehr geizig war, hörte 
das und sprach: „Jetzt verehre ich dem gnädigen Herrn auf der 
Stelle mein großes Kalb. Giebt er für eine lumpige Rübe schon drei 
Goldstücke, wie viel werde erst ich für ein so schönes Kalb bekommen!“
	        
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